In Deutschland sind einem Bericht zufolge deutlich mehr Rentnerinnen und Rentner von Altersarmut betroffen als bislang angenommen. Mit 19,5 Prozent aller Renterhaushalte gelte fast jeder fünfte als armutsgefährdet, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Bislang sei man nur von 16 Prozent ausgegangen.

Die Ergebnisse der Erhebung waren dem Bericht zufolge bereits bekannt, wurden jedoch nun vom rentenpolitischen Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Matthias Birkwald, und dem Statistikprofessor Gerd Bosbach tiefergehend analysiert. In der Statistik seien bislang Rentnerinnen und Pensionäre in einer Gruppe zusammengefasst worden. Da Pensionäre, also ehemalige Beamtinnen und Beamte, jedoch nicht in die Rentenkasse einzahlen und im Schnitt deutlich höhere Alterseinkünfte haben, forderten Birkwald und Bosbach eine gesonderte Auswertung der Daten an. Daraus gehe nun hervor, dass fast jeder fünfte reine Rentnerhaushalt von Altersarmut betroffen sei, berichtete die Zeitung. Dagegen seien nur 0,9 Prozent aller Pensionäre von Armut bedroht.

"Wer in Zukunft ernsthaft Altersarmut verhindern oder bekämpfen will, kommt an den neuen Zahlen nicht mehr vorbei", sagte Birkwald dem Bericht zufolge. Fast jeder fünfte Mensch, der in einem Rentnerhaushalt lebe, müsse von weniger als 999 Euro leben, betroffene Paare von weniger als 1.499 Euro. Deshalb brauche es eine "echte Erwerbstätigenversicherung nach österreichischem Vorbild, in die Beamtinnen und Beamte, Selbstständige, Freiberuflerinnen und Freiberufler und natürlich auch Politikerinnen und Politiker einzahlen", forderte Birkwald weiter.

Die Grundrente ist "nur ein erster Schritt"

Um die hohe Zahl der armutsgefährdeten Rentnerinnen und Rentner zu senken, fordert Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD) eine Grundrente. Diese soll die Rentenansprüche von Geringverdienern aufstocken, wenn sie 35 Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt haben. Kleine Renten sollen um bis zu 447 Euro im Monat erhöht werden. Die Union kritisiert vor allem die hohen Kosten und die Tatsache, dass der tatsächliche Bedarf nicht geprüft werden soll – anders als im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD vereinbart.

Birkwald gehen dem Bericht zufolge Heils Grundrentenpläne nicht weit genug, sie seien "nur ein erster Schritt". Notwendig sei letztlich eine "solidarische Mindestrente", sodass niemand im Alter von weniger als 1.050 Euro netto leben müsse. Dennoch spreche er sich für eine Einkommens- und Vermögensprüfung aus zur Feststellung der Bedürftigkeit.

Die Statistik zur Armutsgefährdung basiert auf dem Mikrozensus, einer regelmäßigen Befragung von etwa 400.000 deutschen Haushalten. Als armutsgefährdet gilt demnach, wer weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens verdient. Das ist jenes Einkommen, das genau in der Mitte aller Einkommen liegt. Wie die Süddeutsche Zeitung weiter berichtet, liege die Armutsgefährdungsquote hierzulande insgesamt bei 15,8 Prozent; überdurchschnittlich stark gefährdet seien Alleinerziehende, kinderreiche Familien und Arbeitslose.