Coronavirus - die Woche Immuningenieure im Wettlauf gegen die Zeit
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
724 Kilometer liegen zwischen Berlin-Neukölln und dem Berchtesgadener Land. Schaut man auf Kennzahlen, die in der Corona-Pandemie wichtig sind, trennt den Berliner Bezirk und den Landkreis im Südosten Oberbayerns mehr als reine Distanz: Das eine Gebiet ist Großstadt, mit einem lebendigen Nachtleben, das andere ländliche Idylle. Mitten in der Hauptstadt leben rund 7000 Menschen pro Quadratkilometer, im Berchtesgadener Land sind es 126. Und dennoch sind beide Regionen gleichermaßen zum Corona-Hotspot geworden. Das Robert Koch-Institut meldet für Berlin-Neukölln in den letzten sieben Tagen 211 Fälle pro 100.000 Einwohner, im Berchtesgadener Land sind es 238 - und wie meine KollegInnen Andreas Wassermann, Sebastian Spallek, Celine Wegert und Birte Bredow berichten, sind die Lokalpolitiker in beiden Fällen etwas ratlos, wie das passieren konnte.
Dieses Beispiel unterstreicht einmal mehr, dass die übersichtlichen Zeiten der ersten Corona-Welle vorüber sind, vorbei ist die Zeit, in der es große, lokal identifizierbare Infektionsherde gab, die oft leicht zu erklärende, spezifische Ursachen hatten. Und mit den Infektionen steigen nun auch wieder die Sterbefälle - schon in wenigen Tagen dürfte die Schwelle von 10.000 Toten erreicht sein, die an und mit dem Coronavirus gestorben sind.
Je unkontrollierbarer das Infektionsgeschehen wird, umso mehr rückt der Wusch nach einer großen Wunderwaffe wieder in den Blick - und die ist und bleibt ein möglichst effektiver Impfstoff. Weltweit durchlaufen derzeit 48 Vakzine klinische Studien, 11 davon in der Schlussphase. Die Experten sind sich einig, dass es einen Impfstoff geben wird, viele sogar, und bald. Nie zuvor schaute die ganze Menschheit so gebannt auf die Entwicklung eines Medikaments. Nie zuvor wurden in so kurzer Zeit so viele Milliarden in ein Serum investiert. Und noch nie war der Druck auf Wissenschaftler, Pharmafirmen, Politiker so hoch zu liefern.
Für die aktuelle SPIEGEL-Titelstory haben meine KollegInnen Martin U. Müller, Cornelia Schmergal und Thomas Schulz recherchiert, wo wir im Wettlauf um einen Impfstoff stehen und ob die Arbeit der "Immuningenieure" - wie sich Ugur Sahin, einer der führenden Imfpstoffentwickler, selbst nennt - uns wirklich dauerhaft vor dem Virus schützen kann.
"Der Impfstoff: Rettung oder Illusion? Wann er kommt. Wer ihn kriegt. Was er kann. Und was nicht" lautet der Titel des neuen SPIEGEL. Die Ausgabe erhalten Sie ab sofort digital und ab Samstag am Kiosk.
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Foto: Stígur Már Karlsson / Heimsmyndir / E+ / Getty ImagesRisikozone Deutschland
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Bestätigte Fälle: 41.734.275
Todesfälle: 1.137.825
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Deutschland: 403.291 bestätigte Erkrankte, 307.889 Genesene (geschätzt), 9954 Todesfälle
Quellen: CSSE / Johns-Hopkins-Universität, Stand: 23. Oktober 2020, 10:24 Uhr; Robert Koch-Institut, Stand: 23. Oktober 2020, 8:10 Uhr
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