Häuser einer Stadt ohne Licht in der Abenddämmerung | picture alliance/dpa

Möglicher Stromausfall Bei einem Blackout droht der Kollaps

Stand: 07.03.2022 08:13 Uhr

Sollte es in Deutschland zu einem längeren Stromausfall kommen, hätte das katastrophale Folgen. Der Ukraine-Krieg könnte das Risiko für Cyberangriffe auf das Stromnetz steigern. Behörden sprechen von einer erhöhten Bedrohungslage.

Von Jens Eberl, WDR

Ein flächendeckender Stromausfall gilt als schlimmes Katastrophenszenario. Schon die ersten 24 Stunden ohne Strom bringen das Leben, wie wir es kennen, zum Stillstand, so der Versicherungsverband GDV. Er warnt, dass Deutschland auf ein solches Szenario nicht gut vorbereitet sei. Dies habe eine Befragung mehrerer Krisenmanager und Katastrophenschützer ergeben.

Jens Eberl

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) schätzt die Lage ähnlich ein. Auf WDR-Anfrage heißt es: "Auch wenn die Versorgungssicherheit sehr hoch ist, ist ein großflächiger und lang andauernder Stromausfall nicht unplausibel". Es könne verschiedene Ursachen dafür geben. "Es handelt sich um ein hoch komplexes Gesamtsystem, das durch technisches und menschliches Versagen und zunehmende Gefahren wie Extremwetterereignisse oder beispielsweise Cyberangriffe gestört werden kann", so eine BBK-Sprecherin.

Wachsende Abhängigkeit von der Stromversorgung

Einig sind sich die Experten darin, dass ein Stromausfall gravierende Folgen hätte, die einer nationalen Katastrophe gleichkämen. "Unsere Gesellschaft ist in nahezu allen Bereichen von einer sicheren und zuverlässigen Stromversorgung abhängig. Ein lang andauernder und großflächiger Stromausfall würde alle kritischen Infrastrukturen betreffen", heißt es beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz. "Besonders schwerwiegend wären Ausfälle in der Informations- und Telekommunikation, Versorgungsausfälle bei der Wasser- und Abwasserversorgung sowie im Lebensmittelbereich. Auch die Krankenversorgung und die Gefahrenabwehr mit essentieller Bedeutung für die Gesellschaft wären massiv betroffen." Die Abhängigkeit von der Stromversorgung nehme beständig zu, was die Problematik verschärfe.

Zur potenziellen Schadensgröße stützten sich die Katastrophenschützer auf einen Bericht des Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag. Dieser wurde bereits 2011 erstellt. Schon damals ging man von einer "Schadenslage besonderer Qualität" aus: Bei einem großflächigen und lang anhaltenden Stromausfall käme es zu enormen Schäden, die einer nationalen Katastrophe gleichkämen.

Kliniken haben Notstromaggregate

Es gibt verschiedene Szenarien. Schon kurz nach dem Eintreten eines großflächigen Blackouts käme es in Deutschland zum Ausfall aller Kommunikationsnetze. Internet und Fernsehen funktionieren nicht mehr. Handys, die noch für einige Stunden Akku haben, haben keinen Netzempfang mehr. Bankautomaten spucken kein Geld aus und die EC-Karte funktioniert nicht.

Viele Einrichtungen wie Krankenhäuser haben Notstromaggregate, um den Betrieb lebensnotwendiger Maschinen zu gewährleisten. Schon nach 48 Stunden ohne Strom wird die Lage kritisch. Es beginnen ernsthafte hygienische Probleme in Krankenhäusern, Altenheimen und auf den Straßen, da die Müll- und Wasserentsorgung nicht mehr gewährleistet ist. Nach einer Woche droht sogar Gefahr in Atomkraftwerken, weil Reaktoren nicht mehr ausreichend gekühlt werden können.

Cyberangriffe möglich

Auch Cyberangriffe von außen auf das deutsche Stromnetz seien denkbar, schreibt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Wegen des russischen Kriegs gegen die Ukraine bewerte das BSI fortwährend die Lage.

"Das BSI hat seinen Eigenschutz und seine Krisenreaktion gestärkt und hat dazu das Nationale IT-Krisenreaktionszentrum aktiviert", so BSI-Sprecher Joachim Wagner. "Darüber hinaus hat das BSI auch seine Zielgruppen, darunter die Bundesverwaltung, Betreiber Kritischer Infrastrukturen und weitere Organisationen und Unternehmen sensibilisiert und zu einer erhöhten Wachsamkeit und Reaktionsbereitschaft aufgerufen."

Das BSI erkenne derzeit eine insgesamt erhöhte Bedrohungslage für Deutschland. Allerdings sei aktuell keine akute Gefährdung der Informationssicherheit in Deutschland im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine ersichtlich. Dies kann sich nach Einschätzung des BSI aber jederzeit ändern.

Jeder sollte sich persönlich vorbereiten

Nach Angaben des Bundesamts für Katatstrophenschutz ist es in Deutschland noch nicht zu Stromausfällen aufgrund von Hackerangriffen gekommen. Das BKK rät aber jedem Einzelnen, sich auf einen möglichen Krisenfall vorzubereiten. Für zehn bis 14 Tage sollte man vorsorgen, das Nötigste im Haus haben und ohne Hilfe Dritter auskommen können.

Ausreichend Trinkwasser, ein batteriebetriebenes Radio, Kerzen, einen Gaskocher und Konserven sollten dazugehören, ebenso ein Vorrat an benötigten Medikamenten, ein Feuerlöscher und ein Erste-Hilfe-Set, so die Empfehlung. Wichtige Dokumente sollten in einer Mappe gesammelt und stets griffbereit sein. Die Katastrophenschützer gehen allerdings davon aus, dass die wenigsten Menschen in Deutschland sich auf so einen Fall vorbereitet haben.