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Katholische Kirche : Verlagsgruppe Weltbild akut bedroht

„Weltbild“-Filiale in Dortmund: Keine Zukunft? Bild: dpa

Der von der Katholischen Kirche getragenen Verlagsgruppe „Weltbild“ droht nach Informationen der F.A.Z. die Insolvenz. Das Unternehmen macht trotz eines Milliarden-Umsatzes seit längerem Verluste.

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          Der Fortbestand der von der katholischen Kirche in Deutschland getragenen Verlagsgruppe Weltbild ist akut bedroht. Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung verhalten sich die Geschäftsbanken einschließlich der kirchlichen Banken Liga und Pax so, dass die Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens nicht ausgeschlossen ist.

          Daniel Deckers
          in der politischen Redaktion verantwortlich für „Die Gegenwart“.

          Die Verlagsgruppe beschäftigt nach eigenen Angaben 6800 Mitarbeiter, davon etwa 3500 an ihrem Stammsitz Augsburg. Der Umsatz belief sich nach den letzten, zum 30. Juni 2012 veröffentlichen Zahlen auf annähernd 1,6 Milliarden Euro.

          Die Geschäftsführung der Verlagsgruppe bestritt am Montagabend eine akute Bedrohung. Der Fortbestand des Unternehmens sei „in keiner Weise gefährdet“, sagte eine Sprecherin.

          Bischöfe seit Jahren zerstritten

          Die Gesellschafter des Medien- und Versandunternehmens – zwölf Diözesen, die Soldatenseelsorge Berlin sowie der Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) – liegen über Weltbild seit Jahren im Streit. Manchmal zweifelten Bischöfe an der „katholischen“ Ausrichtung des Buch- und Mediensortiments, manchmal daran, dass ein Unternehmen, das zum zweitgrößten Online-Buchhändler in Deutschland wurde und dabei erhebliche wirtschaftliche Risiken einging, in kirchlicher Trägerschaft gut aufgehoben ist.

          Als erster wollte der Kölner Kardinal Meisner mit Weltbild nichts mehr zu tun haben und übertrug die Gesellschafteranteile des Erzbistums Köln im Jahr 2008 treuhänderisch dem VDD. Auch ein Verkauf wurde vor einigen Jahren geprüft. Die Finanzkrise des Jahres 2008 machte alle Träume zunichte, das Unternehmen für einen hohen dreistelligen Millionenbetrag zu veräußern.

          Vor drei Jahren bekamen die Verkaufsgerüchte neue Nahrung. Papst Benedikt XVI. machte sich den von interessierter Seite verbreiteten „Skandal“ zu eigen, dass über den Katalog sowie den Internetauftritt pornographische Literatur zu erwerben sei. Indes weigerten sich einige Gesellschafter unter Führung des Münchner Erzbischofs Marx, Weltbild zum Verkauf zu stellen. Marx verwies nicht nur auf die Verantwortung für viele tausend Mitarbeiter, deren Arbeitsplätze bedroht wären. Der Münchner Erzbischof warb auch dafür, die Gesellschafteranteile in eine Stiftung einzubringen, die die wirtschaftliche Steuerung und die weltanschauliche Prägung der Unternehmensgruppe garantieren solle.

          Gewinne des Unternehmens sollten nicht wie bisher den Bistümern zu Gute kommen, sondern dem katholischen Bildungswesen. Mit Zustimmung von Papst Benedikt XVI. fassten die Gesellschafter im November 2011 einen entsprechenden Beschluss. Doch die Stiftung gibt es bis heute nicht. Die Bistümer Köln, Trier, Aachen und Münster fühlen sich an den Beschluss nicht mehr gebunden, obwohl dieser noch im Juni von den Gesellschaftern bekräftigt wurde. Hinter den Kulissen bereiten sie den Verkauf von Weltbild vor. Allerdings hat sich die Ertragslage des Unternehmens in den beiden vergangenen Jahren verschlechtert.

          Erzbischof Marx: Organisierte Unverantwortlichkeit

          Ein Verkaufserlös wäre mutmaßlich geringer als das Eigenkapital in Höhe von etwa 175 Millionen Euro. Kenner des Unternehmens schließen nicht aus, dass die Gesellschafter Geld nachschießen müssten, sollten sie die Verlagsgruppe als ganze erhalten oder im Zuge eines Verkaufs den Erhalt der meisten Arbeitsplätze sicherstellen. Langfristig sind mutmaßlich nur Unternehmensteile wie die im Aufbau begriffene Online-Handelsplattform rentabel.

          Angesichts der Uneinigkeit der Gesellschafter haben die Geschäftsbanken dem Unternehmen eine Frist von wenigen Wochen gesetzt. Nun müssen die Bischöfe klären, ob sie im Zustand „organisierter Unverantwortlichkeit“ verharren wollen, wie der Münchner Kardinal Marx sich jüngst intern vernehmen ließ, oder die Eigentümerschaft in eine neue Rechtsform überführen.

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