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Streitfall II Wenn der Arzt zu sehr an Profit denkt

Chefärzte in deutschen Kliniken erhalten von ihrem Arbeitgeber Bonuszahlungen für besondere Sparsamkeit. Ein bedenklicher Trend, warnen Kritiker. Drohen Gesundheitsrisiken, weil Ärzte zu Kaufleuten werden?
08.02.2012 - 13:40 Uhr 11 Kommentare
Der Schmu des Tages. Illustration: Tobias Wandres

In der Rubrik "Der Streitfall des Tages" analysiert Handelsblatt Online eine Gaunerei oder ein Ärgernis aus Bereichen des Wirtschaftslebens. Betroffene erhalten konkrete Unterstützung, können ihren Fall öffentlich machen und mit Gleichgesinnten diskutieren. Illustration: Tobias Wandres.


Der Fall

Die fetten Jahre sind vorbei. Während eine Anstellung als Chefarzt vor nicht all zu langer Zeit noch einer Lizenz zum Gelddrucken glich, haben es junge Mediziner mit Führungsanspruch heute deutlich schwerer. Die meisten der neu berufenen Chefdoktoren müssen inzwischen auf die sogenannte "Privatliquidation" verzichten.

Sie büßen damit das lukrative Privileg ein, zusätzlich zu ihrem Grundgehalt die Honorare für die Behandlung von Privatpatienten mitzunehmen. Eine Maßnahme, die im Extremfall jährliche Einkommenseinbußen im sechsstelligen Bereich nach sich zieht.

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Standort erkennen

    Um zumindest einen Teil der Verluste auszugleichen, gehen Kliniken deshalb dazu über, engagierte Newcomer - wie in der freien Wirtschaft – mit Boni für das Erreichen bestimmter finanzieller Ziele zu ködern. Die Parameter werden von der Geschäftsführung des jeweiligen Krankenhauses vorgegeben. Und das bedeutet: Wer viel spart, kann viel verdienen.

    Die Relevanz

    Während Krankenhäuser früher ähnlich wie Hotels bezahlt wurden (nämlich nach der Verweildauer der Patienten), erhalten Spitäler seit einigen Jahren nur noch Fixpreise für stationäre Behandlungen. Ein Leistenbruch bringt den Betrag x, ein neues Hüftgelenk den Betrag y – unabhängig davon, wie lange der Patient im Krankenhaus bleiben muss.

    Die Folge: Je länger ein Patient das Klinikbett hüten muss, desto höher ist das Risiko, dass das Krankenhaus mit der Behandlung draufzahlt. Keineswegs eine seltene Konstellation: Ungezählte Häuser in Deutschland arbeiten nicht mehr kostendeckend. Experten warnen bereits vor einem flächendeckenden Kliniksterben.

    Im vergangenen Jahr prognostizierte das Forschungsinstitut RWI in seinem „Krankenhaus Rating Report: Bis 2020 könnten etwa zehn Prozent der Häuser aus dem Markt ausscheiden. Angesichts solcher Zahlen ist es nicht verwunderlich, dass Klinikchefs vermehrt dazu übergehen, die Ärzteschaft aufs Sparen einzuschwören.

    Wichtigster Anreiz: die neuen Vergütungssysteme. „Seit 1995 hat sich die Verbreitung von Bonusvereinbarungen von etwa fünf Prozent auf inzwischen fast 45 Prozent bei Neuverträgen erhöht“, sagt Jürgen Schoder, Vergütungsexperte des Beratungsunternehmens Kienbaum in Gummersbach. Tendenz steigend.

    Wann Patienten aufpassen müssen
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    11 Kommentare zu "Streitfall II: Wenn der Arzt zu sehr an Profit denkt"

    Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

    • Es gibt gute und schlechte Ärzte und es gibt gute un schlechte alternative Heiler - ich habe das selber erlebt.
      Leider weiß man immer erst hinterher wer gut oder wer nicht gut ist. Ich kann die Kinesiologie nur jedem empfehlen wer mit der Schulmedizin nicht weiterkommt. Man sollte wissen, das der Einfluß der Psyche sehr viel größer ist, als im allgemeinen angenommen wird.

    • Das sehe ich anders:

      Hier liegt ein eindeutiger Zielkonflikt vor: Sparen vs Qualität. Hierbei wird Sparen immer gewinnen, denn die Qualität ist kaum messbar. Und wer soll sie kontrollieren? Nur die gravierendsten Fälle kommen ans Tageslicht.

      Wer weiß schon wieviele Menschen gestorben sind, weil die Behandlung durch den Arzt, der mittlerweile seit 16 Stunden auf den Beinen ist, "suboptimal" war?

    • Nein! Nicht vor den Ärzten - das sind weit überwiegend hart arbeitende Menschen.

      Gott befreie uns von den nichtsnutzigen, korrupten Politikern!

    • DER MARKT IST FEHLERHAFT

      ein schönes Beispiel warum "der Markt" nicht (!) alles zum Besten der Gesellschaft regelt.

      Ein Marktwirtschaftliches Gesundheitssystem ist pervers, denn Gesundheit bringt keinen Profit - Krankheit hingegen schon.

      Ärtze werden zunehmend in Gewissensnöte gebracht.

    • Verständlich. Und das ist auch das wichtigste.
      :)

    • Nein das hat er nicht.
      Er hat das deutsche "Gesundheitswesen" überlebt.
      Und das reicht uns, trotz widersprechender Meinungen intern, aus.
      Wir sind froh, dass er lebt!

      Mit Kontrolle dürfte imao nix gerettet sein: dann steht lediglich ein Kontrolleur daneben.

    • @btw

      Ich hoffe ihr Bekannter hat den Vorfall zur Anzeige gebracht ?

      Auch wenn es ihrem Patienten mit dem deutschen Rechtssystem nicht leicht gemacht wird, zumindest die negative Publicity ist vielen KKH-Trägern unangenehm.

      Es stellt sich die Frage, warum hat da der Krankentransportdienst mitgespielt ? In ihrem geschilderten Fall besteht möglicherweise auch eine nichtzulässige Geschäftsbeziehung zwischen Krankenhausträger und dem Krankentransportunternehmen.

      Das ist leider inzwischen in Deutschland nicht unüblich, manche Patienten erscheinen rentabler - und eine "gute Beziehung" zum Krankentransportdienst (neben den Zuweisern) hat in diesem Sinne für manche Rendite-orientierte KKH-Träger allerhöchste Priorität.

      Es ist aber meiner Meinung nach nicht ein "Privatisierungsproblem" sondern eher ein Defizit an effizienten (staatlichen) Kontroll-mechanismen (ineffiziente Kontrollen gibt's leider mehr als genug ... ;).

    • Wenn es ein Notfall war und sich so zugetragen, erfüllt das Verhalten zumindest den Tatbestand der unterlassenen Hilfeleistung.

    • Es gibt nicht nur exzellente und nicht nur renommierte, sondern führende Kliniken und Klinikeinrichtungen in Deutschland.
      Aber was dieser ganze Privatisierungsmist hervorgebrütet hat, das wirkt auch für Privatpatienten mitunter haarsträubend.
      Beispiel: Ein Bekannter wurde vor Jahren wegen eines Herzinfarkts in ein Klinikum via Notfalldienst gebracht: Auf die Frage, ob er eine Kreditkarte dabei habe und er dies verneinte, wurde er sofort wieder in den Rettungswagen gelegt und woanders hingefahren. Dass er das überlebt hatte, macht die ganze Causa nicht nur skandalös: es macht das gesamte derzeit existierende "Gesundheitswesen" zu einem schier unerträglichen Menetekel.

      Sowas kann doch mal passieren?

      Lebensgefahr ist nun mal eben ein Vabanquespiel?

      Fein.

    • Muss man differenziert sehen denke ich:

      A) Selbstverständlich sollte der Chefarzt von seinem Arbeitgeber dafür belohnt werden wenn er im Sinne des Unternehmens Kosten spart.

      B) ABER (!!) es muss dann auch transparente Qualitätskontrolle durch eine unabhängige Institution (Behörde) stattfinden. Die Ergebnisse müssten öffentlich einsehbar sein. Z.B. gibt es viele deutsche Kliniken die insbesondere bei der Krankenhaushygiene sparen - Patient merkt meistens nichts, wenn doch was passiert ist das deutsche Straf-/Zivilrecht sehr gnädig ... und notwendige Folge-Behandlungen durch mangelhafte Hygiene werden sowieso durch die Krankenkasse bezahlt und erhöhen nebenbei den Umsatz pro Patient (muss natürlich als neues unabhängiges DRG deklariert werden).

      C) Sofern es die eigenen finanziellen Mittel erlauben, grössere Eingriffe lieber in renommierten US-Kliniken durchführen lassen :(

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