„Mein Raum ist voll, obwohl ich hier alleine bin“, singt Lea im Titelstück ihres Albums „Vakuum“. Ein typischer Satz für die 23-Jährige aus Hannover, die früher unter dem Namen Lea-Marie aktiv war und die nun dieses wirklich schöne, tiefsinnige, melancholische Piano-Pop-Songwriter-Debüt-Album gemacht hat. „Ich fahre nicht nur am liebsten allein in den Urlaub“, so Lea, „sondern ich bin auch beim Songschreiben fast immer alleine. Das muss so sein, der Raum muss leer sein, ich brauche die totale Ruhe, um dieses Gefühl von Einsamkeit zu spüren. Mir tut es total gut, wenn ich nicht abgelenkt bin von irgendetwas oder irgendwem.“ Es sei aber auf keinen Fall so, dass sie ungern mit anderen Menschen zusammen sei. Sie liebe Menschen, sagt sie, brauche aber eben Zeit für sich allein. Dazu passt, dass sie nach dem Abitur-Stress allein nach Argentinien gefahren ist, um drei Monate in einem Armenviertel in Buenos Aires in einer sozialen Einrichtung für Kinder zu arbeiten. Sie wollte „komplett unabhängig sein und ein bisschen was erleben“, sagt sie.

Dass sie gern allein ist, hört man den Songs an. Auf „Vakuum“ singt Lea über Lea. „Eigentlich besteht das ganze Album aus einem Monolog mit mir selbst. Das Schreiben hilft mir immer, meinen Alltag zu verarbeiten und meine Gedanken zu ordnen. Die Lieder sind mein Sprachrohr nach außen.“ Die Trennung vom Freund, die ihr schwerfiel, hat viele ihrer Songs geprägt. „Ich nutze das Schreiben, um eigene Gefühle auszuloten. Ich mag Melancholie. Manchmal weine ich wirklich wie ein Schlosshund.“

Insbesondere „Rückenwind“ sei ein Song für all die Leute, „die nach der Trennung für mich da waren, als es mir schlecht ging“. Wirklich „poppig und positiv“, wie sie es nennt, wird die nachdenkliche Lea eigentlich nur einmal, auf „Dach“, einem Duett mit dem Kollegen Nisse. „Ich fand es wichtig und schön, auch mal ein fröhliches Lied zu machen.“ Leas Vorbild ist die australische Musikerin Sia. „Die haut mich richtig um, mit ihrer Stimme, ihren Gesangsmelodien. Für mich ist Sia die beste Songwriterin der Welt.“

Leas Vater ist Musiktherapeut, sie wuchs mit zig Instrumenten auf und merkte etwa mit zwölf, dass sie sich gut mit Musik ausdrücken kann. Sie selbst therapiere sich mit ihrer Musik selbst, erzählt die 23-Jährige lachend.
„Die Lieder erklären mir sehr vieles über mich.“ Leas Vater habe Instrumente gesammelt, die sie am liebsten alle ausprobieren wollte. „Er ist viel gereist und hat sich die Instrumente dann per Schiff bringen lassen, aus Brasilien oder so.“ Bekannt wurde Lea dann per Internet. „Mit 15 habe ich meinen ersten Song, den ich mit Klassenkameraden im Musikraum aufgenommen hatte, ins Netz gestellt. Ich wollte wissen, was die Leute von meiner Musik halten, die mich nicht persönlich kennen. Plötzlich hat YouTube meinen Clip auf die Startseite gestellt, und ich hatte innerhalb einer Nacht 45 000 Klicks. Das war überwältigend, schön und spannend.“

Trotzdem beendete die ehrgeizige Lea die Schule, lud nach eigenen Angaben „vielleicht einmal pro Jahr“ einen neuen Song hoch. Jetzt studiert sie Sonderpädagogik und Musik und schreibt an ihrer Bachelor-Arbeit, für deren Vollendung sie aktuell aus naheliegenden Gründen aber nur wenig Zeit hat.

Auch wenn ihr klar sei, dass sie weiterhin Musik machen will, sei ihr das Studium wichtig. Und Hannover auch. „Erstmal bleibe ich hier“, betont Lea. „Berlin ist mir etwas zu schnelllebig. Ich brauche meinen Ruhepol.“

Leas Debüt-Album „Vakuum“ ist gerade bei Four Music (Sony Music) erschienen.