Kapitel "Gesundheit und Pflege"

Koalitionsvertrag 2021 bis 2025 von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP

Quelle: www.spd.de

Alle Menschen in Deutschland sollen gut versorgt und gepflegt werden – in der Stadt und auf dem Land.  Wir  wollen  einen  Aufbruch  in  eine  moderne  sektorenübergreifende  Gesundheits-  und Pflegepolitik  und  ziehen  Lehren  aus  der  Pandemie,  die  uns  die  Verletzlichkeit  unseres Gesundheitswesens   vor   Augen   geführt   hat.   Wir   sorgen für   eine   bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung und eine menschliche und qualitativ hochwertige Medizin und Pflege. Wir verbessern  die  Arbeitsbedingungen  der  Gesundheitsberufe  und  Pflegekräfte.  Wir  ermöglichen Innovationen und treiben die Digitalisierung voran. Grundlage für all dies ist eine auf lange Sicht stabile Finanzierung des Gesundheitswesens und der Pflege.

Pflege

Die Pflegekräfte in Deutschland erbringen während der Pandemie eine herausragende Leistung. In der aktuell sehr herausfordernden Situation in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen wollen wir diesen Einsatz anerkennen. Der Bund wird hierfür eine Milliarde Euro zur Verfügung stellen. Dazu werden wir die Steuerfreiheit des Pflegebonus auf 3.000 Euro anheben.

Wir werden in der stationären Pflege die Eigenanteile begrenzen und planbar machen. Die zum 1. Januar 2022 in Kraft tretende Regelung zu prozentualen Zuschüssen zu den Eigenanteilen werden wir beobachten   und   prüfen,   wie   der   Eigenanteil   weiter   abgesenkt   werden   kann.   Die Ausbildungskostenumlage werden wir aus den Eigenanteilen herausnehmen und versicherungsfremde Leistungen  wie  die  Rentenbeiträge  für  pflegende  Angehörige  und  die  pandemiebedingten Zusatzkosten  aus  Steuermitteln  finanzieren,  sowie  die Behandlungspflege  in  der  stationären Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung übertragen und pauschal ausgleichen. Den Beitrag zur Sozialen Pflegeversicherung (SPV) heben wir moderat an.

Wir  ergänzen  das  Sozialgesetzbuch  XI  (SGB  XI)  um  innovative  quartiernahe  Wohnformen  und ermöglichen deren Förderung gemeinsam mit Bund, Ländern und Kommunen. Bei der pflegerischen Versorgung vor Ort räumen wir den Kommunen im Rahmen der Versorgungsverträge verbindliche Mitgestaltungsmöglichkeiten  ein.  Wir  unterstützen  den  bedarfsgerechten  Ausbau  der  Tages-  und Nachtpflege sowie insbesondere der solitären Kurzzeitpflege.

Leistungen  wie  die  Kurzzeit-  und  Verhinderungspflege  fassen  wir  in  einem  unbürokratischen, transparenten  und  flexiblen  Entlastungsbudget  mit  Nachweispflicht  zusammen,  um  die  häusliche Pflege zu stärken und auch Familien von Kindern mit Behinderung einzubeziehen.

Wir  dynamisieren  das  Pflegegeld  ab  2022  regelhaft.  Wir  entwickeln  die  Pflegezeit-  und Familienpflegezeitgesetze weiter und ermöglichen pflegenden Angehörigen und Nahestehenden mehr Zeitsouveränität, auch durch eine Lohnersatzleistung im Falle pflegebedingter Auszeiten.

Wir prüfen, die soziale Pflegeversicherung um eine freiwillige, paritätisch finanzierte Vollversicherung zu  ergänzen,  die  die  Übernahme  der  vollständigen  Pflegekosten  umfassend  absichert.  Eine Expertenkommission soll bis 2023 konkrete Vorschläge vorlegen, die generationengerecht sind. Der privaten Pflegeversicherung würden wir vergleichbare Möglichkeiten geben. 

Bei der intensivpflegerischen Versorgung muss die freie Wahl des Wohnorts erhalten bleiben. Das Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz (IPReG) soll darauf hin evaluiert und nötigenfalls nachgesteuert werden. Wir gestalten eine rechtssichere Grundlage für die 24-Stunden-Betreuung im familiären Bereich.

Der Dramatik der Situation in der Pflege begegnen wir mit Maßnahmen, die schnell und spürbar die Arbeitsbedingungen  verbessern.  Kurzfristig  führen  wir  zur  verbindlichen  Personalbemessung  im Krankenhaus die Pflegepersonalregelung 2.0. (PPR 2.0) als Übergangsinstrument mit dem Ziel eines bedarfsgerechten Qualifikationsmixes ein. In der stationären Langzeitpflege beschleunigen wir den Ausbau  der  Personalbemessungsverfahren.  Insbesondere  dort  verbessern  wir  Löhne  und Arbeitsbedingungen  der  Pflegekräfte  mit  dem  Ziel,  die  Gehaltslücke  zwischen  Kranken-  und Altenpflege zu schließen. Wir wollen den Pflegeberuf attraktiver machen, etwa mit Steuerbefreiung von Zuschlägen, durch die Abschaffung geteilter Dienste, die Einführung trägereigener Springerpools und einen Anspruch auf familienfreundliche Arbeitszeiten für Menschen mit betreuungspflichtigen Kindern. 

Wir harmonisieren die Ausbildungen u. a. durch bundeseinheitliche Berufsgesetze für Pflegeassistenz, Hebammenassistenz und Rettungssanitärer und sorgen für eine gemeinsame Finanzierung von Bund und Ländern. Die akademische Pflegeausbildung stärken wir gemeinsam mit den Ländern. Dort, wo Pflegefachkräfte in Ausbildung oder Studium bisher keine Ausbildungsvergütung erhalten, schließen wir Regelungslücken. Professionelle Pflege ergänzen wir durch heilkundliche Tätigkeiten und schaffen u. a. das neue Berufsbild der "Community Health Nurse". 

Wir  bringen  ein  allgemeines  Heilberufegesetz  auf  den Weg  und  entwickeln  das  elektronische Gesundheitsberuferegister  weiter.  Wir  machen  Schmerzmittel  im  Betäubungsmittelgesetz  für Gesundheitsberufe  delegationsfähig.  Wir  bringen  ein  Modellprojekt  zum  Direktzugang  für therapeutische Berufe auf den Weg.

Wir vereinfachen und beschleunigen die notwendige Gewinnung von ausländischen Fachkräften und die Anerkennung von im Ausland erworbener Berufsabschlüsse. 

Mit einer bundesweiten Befragung aller professionell Pflegenden wollen wir Erkenntnisse darüber erlangen, wie die Selbstverwaltung der Pflege in Zukunft organisiert werden kann. Wir stärken den Deutschen Pflegerat als Stimme der Pflege im Gemeinsamen Bundesausschuss und anderen Gremien und unterstützen ihn finanziell bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben.

Aus- und Weiterbildung in Gesundheit und Pflege

Im  Rahmen  der  Reform  der  Krankenhausvergütung  werden Mittel  für  Weiterbildung  in  den Fallpauschalen künftig nur an die Kliniken anteilig ausgezahlt, die weiterbilden. Wir aktualisieren das Konzept zur Fortentwicklung der Qualifizierung von Ärztinnen und Ärzten, um auch medikamentöse Schwangerschaftsabbrüche  leichter  verfügbar  zu  machen.  Wir  implementieren  die  Vermittlung digitaler  Kompetenzen  in  der  Ausbildung  der  Gesundheits-  und  Pflegeberufe  sowie  in  Fort-  und Weiterentwicklung.  Die  Pflegeausbildung  soll  in  Einrichtungen  der  Eingliederungshilfe  und  der Rehabilitation   ermöglicht   werden,   soweit   diese   die   Voraussetzungen   erfüllen.   Die Approbationsordnung   wird   mehr   auf   Digitalisierung,   Ambulantisierung,   Spezialisierung, Individualisierung und berufsgruppenübergreifende Kooperation ausgerichtet.  
Öffentlicher Gesundheitsdienst

Als Lehre aus der Pandemie bedarf es eines gestärkten Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD), der im Zusammenspiel zwischen Bund, Ländern und Kommunen sichergestellt wird. Wir verlängern beim Pakt für den ÖGD die Einstellungsfristen und appellieren an die Sozialpartner, einen eigenständigen Tarifvertrag zu schaffen. Auf der Grundlage des Zwischenberichts stellen wir die notwendigen Mittel für einen dauerhaft funktionsfähigen ÖGD bereit. Mit einem Gesundheitssicherstellungsgesetz stellen wir insbesondere die effiziente und dezentrale Bevorratung von Arzneimittel- und Medizinprodukten sowie  regelmäßige  Ernstfallübungen  für  das  Personal  für  Gesundheitskrisen  sicher.  Zur  weiteren Erforschung und Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung rund um die Langzeitfolgen von Covid-19  sowie  für  das  chronische  Fatigue-Syndrom  (ME/CFS)  schaffen  wir  ein  deutschlandweites Netzwerk von Kompetenzzentren und interdisziplinären Ambulanzen. 

Die  Bundeszentrale  für  gesundheitliche  Aufklärung  geht  in  einem  Bundesinstitut  für  öffentliche Gesundheit  am  Bundesministerium  für  Gesundheit  auf,  in  dem  die  Aktivitäten  im  Public-Health Bereich, die Vernetzung des ÖGD und die Gesundheitskommunikation des Bundes angesiedelt sind. Das RKI soll in seiner wissenschaftlichen Arbeit weisungsungebunden sein.

Digitalisierung im Gesundheitswesen

In  einer  regelmäßig  fortgeschriebenen  Digitalisierungsstrategie  im  Gesundheitswesen  und  in  der Pflege  legen  wir  einen  besonderen  Fokus  auf  die  Lösung  von  Versorgungsproblemen  und  die Perspektive  der  Nutzerinnen  und  Nutzer.  In  der  Pflege  werden  wir  die  Digitalisierung  u. a.  zur Entlastung  bei  der  Dokumentation,  zur  Förderung  sozialer  Teilhabe  und  für  therapeutische Anwendungen nutzen. Wir ermöglichen regelhaft telemedizinische Leistungen inklusive Arznei-, Heil- und  Hilfsmittelverordnungen  sowie  Videosprechstunden,  Telekonsile,  Telemonitoring  und  die telenotärztliche Versorgung. 

Wir beschleunigen die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) und des E-Rezeptes sowie deren  nutzenbringende  Anwendung  und  binden  beschleunigt  sämtliche  Akteure  an  die Telematikinfrastruktur  an.  Alle  Versicherten  bekommen  DSGVO-konform  eine  ePA  zur  Verfügung gestellt;  ihre  Nutzung  ist  freiwillig  (opt-out).  Die  gematik  bauen  wir  zu  einer  digitalen Gesundheitsagentur    aus.    Zudem    bringen    wir    ein    Registergesetz    und    ein Gesundheitsdatennutzungsgesetz zur besseren wissenschaftlichen Nutzung in Einklang mit der DSGVO auf den Weg und bauen eine dezentrale Forschungsdateninfrastruktur auf.

Wir überprüfen das SGB V und weitere Normen hinsichtlich durch technischen Fortschritt überholter Dokumentationspflichten.  Durch  ein  Bürokratieabbaupaket  bauen  wir  Hürden  für  eine  gute Versorgung  der  Patientinnen  und  Patienten  ab.  Die  Belastungen  durch  Bürokratie  und Berichtspflichten  jenseits  gesetzlicher  Regelungen werden  kenntlich  gemacht.

Wir  verstetigen  die Verfahrenserleichterungen, die sich in der Pandemie bewährt haben. Sprachmittlung auch mit Hilfe digitaler  Anwendungen  wird  im  Kontext  notwendiger  medizinischer  Behandlung  Bestandteil  des SGB V.

Gesundheitsförderung

Wir entwickeln das Präventionsgesetz weiter und stärken die Primär- und Sekundärprävention. Dem Leitgedanken  von  Vorsorge  und  Prävention  folgend  stellen  wir  uns  der  gesamtgesellschaftlichen Aufgabe  zielgruppenspezifisch  und  umfassend.  Wir  unterstützen  die  Krankenkassen  und  andere Akteure dabei, sich gemeinsam aktiv für die Gesunderhaltung aller einzusetzen. Wir schaffen einen Nationalen  Präventionsplan  sowie  konkrete  Maßnahmenpakete  z.B.  zu  den  Themen  Alterszahn-gesundheit,  Diabetes,  Einsamkeit,  Suizid,  Wiederbelebung  und  Vorbeugung  von  klima-  und umweltbedingten Gesundheitsschäden. Zu Gunsten verstärkter Prävention und Gesundheitsförderung reduzieren  wir  die  Möglichkeiten  der  Krankenkassen,  Beitragsmittel  für  Werbemaßnahmen  und Werbegeschenke zu verwenden.

Ambulante und stationäre Gesundheitsversorgung

Um die Ambulantisierung bislang unnötig stationär erbrachter Leistungen zu fördern, setzen wir zügig für geeignete Leistungen eine sektorengleiche Vergütung durch sogenannte Hybrid-DRG um. Durch den  Ausbau  multiprofessioneller,  integrierter  Gesundheits-  und  Notfallzentren  stellen  wir  eine wohnortnahe, bedarfsgerechte, ambulante und kurzstationäre Versorgung sicher und fördern diese durch   spezifische   Vergütungsstrukturen.   Zudem   erhöhen   wir   die   Attraktivität   von bevölkerungsbezogenen  Versorgungsverträgen  (Gesundheitsregionen)  und  weiten  den  gesetzlichen Spielraum  für  Verträge  zwischen  Krankenkassen  und  Leistungserbringern  aus,  um  innovative Versorgungsformen zu stärken. In besonders benachteiligten Kommunen und Stadtteilen (5 Prozent) errichten  wir  niedrigschwellige  Beratungsangebote  (z.B.  Gesundheitskioske)  für  Behandlung  und Prävention.  Im  ländlichen  Raum  bauen  wir  Angebote  durch Gemeindeschwestern  und Gesundheitslotsen aus. Die ambulante Bedarfs- und stationäre Krankenhausplanung entwickeln wir gemeinsam mit den Ländern zu einer sektorenübergreifenden Versorgungsplanung weiter.

Die  Notfallversorgung  soll  in  integrierten  Notfallzentren  in  enger  Zusammenarbeit  zwischen  den kassenärztlichen Vereinigungen (KV) und den Krankenhäusern (KH) erfolgen. Wir räumen den KVen die Option ein, die ambulante Notfallversorgung dort selbst sicherzustellen oder diese Verantwortung in  Absprache  mit  dem  Land  ganz  oder  teilweise  auf  die  Betreiber  zu  übertragen.  Durch  eine Verschränkung   der   Rettungsleitstellen   mit   den   KV-Leitstellen   und   standardisierten Einschätzungssystemen   (telefonisch,   telemedizinisch oder   vor   Ort)   erreichen   wir   eine bedarfsgerechtere Steuerung. Wir nehmen das Rettungswesen als integrierten Leistungsbereich in das SGB  V  auf  und  regeln  den  Leistungsumfang  der  Bergrettung  sowie  die  Verantwortung  für Wasserrettung jenseits der Küstengewässer.

Wir stellen gemeinsam mit den KVen die Versorgung in unterversorgten Regionen sicher. Wir heben die Budgetierung der ärztlichen Honorare im hausärztlichen Bereich auf. Die Gründung von kommunal getragenen  Medizinischen  Versorgungszentren  und  deren  Zweigpraxen  erleichtern  wir  und  bauen bürokratische  Hürden  ab.  Entscheidungen  des  Zulassungsausschusses  müssen  künftig  durch  die zuständige Landesbehörde bestätigt werden.

Die  Arzneimittelversorgung  durch  Apotheken  an  integrierten  Notfallzentren  in  unterversorgten Gebieten verbessern wir durch flexiblere Vorgaben in der Apothekenbetriebsordnung. Wir entwickeln den  Nacht-  und  Notdienstfonds  zu  einem  Sicherstellungsfonds  weiter  und  schaffen  eine Verordnungsfähigkeit für Notfallbotendienste in der ambulanten Notfallversorgung. Wir novellieren das "Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken", um pharmazeutische Dienstleistungen besser zu honorieren und Effizienzgewinne innerhalb des Finanzierungssystems zu nutzen. 

Wir setzen das Nationale Gesundheitsziel "Gesundheit rund um die Geburt" mit einem Aktionsplan um. Wir evaluieren mögliche Fehlanreize rund um Spontangeburten und Kaiserschnitte und führen einen Personalschlüssel für eine 1:1-Betreuung durch Hebammen während wesentlicher Phasen der Geburt ein. Wir stärken den Ausbau hebammengeleiteter Kreißsäle und schaffen die Möglichkeit und Vergütung zur ambulanten, aufsuchenden Geburtsvor- und -nachsorge für angestellte Hebammen an Kliniken.

Für ein diverses, inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen erarbeiten wir mit den Beteiligten bis Ende 2022 einen Aktionsplan, stärken die Versorgung schwerstbehinderter Kinder und entlasten ihre Familien  von  Bürokratie.  Die  Medizinischen  Behandlungszentren  für  Erwachsene  mit  geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen sowie die Sozialpädiatrischen Zentren bauen wir in allen Bundesländern aus.

Wir berücksichtigen geschlechtsbezogene Unterschiede in der Versorgung, bei Gesundheitsförderung und Prävention und in der Forschung und bauen Diskriminierungen und Zugangsbarrieren ab. Die Gendermedizin  wird  Teil  des  Medizinstudiums,  der  Aus-,  Fort-  und  Weiterbildungen  der Gesundheitsberufe werden. 

Wir   stärken   die   paritätische   Beteiligung   von   Frauen   in den   Führungsgremien   der Kassen(zahn)ärztlichen  Vereinigungen  sowie  ihrer  Spitzenverbände  auf  Bundesebene  sowie  der gesetzlichen Krankenkassen.

Wir   starten   eine   bundesweite   Aufklärungskampagne   zur   Entstigmatisierung   psychischer Erkrankungen. Wir reformieren die psychotherapeutische Bedarfsplanung, um Wartezeiten auf einen Behandlungsplatz,  insbesondere  für  Kinder-  und  Jugendliche,  aber  auch  in  ländlichen  und strukturschwachen   Gebieten   deutlich   zu   reduzieren. Wir   verbessern   die   ambulante psychotherapeutische  Versorgung  insbesondere  für  Patienten  mit  schweren  und  komplexen Erkrankungen  und  stellen  den  Zugang  zu  ambulanten  Komplexleistungen  sicher.  Die  Kapazitäten bauen wir bedarfsgerecht, passgenau und stärker koordiniert aus. Im stationären Bereich sorgen wir für   eine   leitliniengerechte   psychotherapeutische   Versorgung   und   eine   bedarfsgerechte Personalausstattung. Die psychiatrische Notfall- und Krisenversorgung bauen wir flächendeckend aus.

Krankenhausplanung und -finanzierung

Mit einem Bund-Länder-Pakt bringen wir die nötigen Reformen für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung auf den Weg. Eine kurzfristig eingesetzte Regierungskommission wird hierzu Empfehlungen  vorlegen  und  insbesondere  Leitplanken  für  eine  auf  Leistungsgruppen  und Versorgungsstufen basierende und sich an Kriterien wie der Erreichbarkeit und der demographischen Entwicklung  orientierende  Krankenhausplanung  erarbeiten.  Sie  legt  Empfehlungen  für  eine Weiterentwicklung  der  Krankenhausfinanzierung  vor,  die  das  bisherige  System  um  ein  nach Versorgungsstufen  (Primär-,  Grund-,  Regel-, Maximalversorgung,  Uniklinika)  differenziertes  System erlösunabhängiger  Vorhaltepauschalen  ergänzt.  Kurzfristig sorgen  wir  für  eine  bedarfsgerechte auskömmliche Finanzierung für die Pädiatrie, Notfallversorgung und Geburtshilfe. 

Rechte von Patientinnen und Patienten

Die  Unabhängige  Patientenberatung  (UPD)  überführen  wir in  eine  dauerhafte,  staatsferne  und unabhängige Struktur unter Beteiligung der maßgeblichen Patientenorganisationen.
Mit einer Reform des G-BA beschleunigen wir die Entscheidungen der Selbstverwaltung, stärken die Patientenvertretung   und   räumen   der   Pflege  und   anderen Gesundheitsberufen   weitere Mitsprachemöglichkeiten  ein,  sobald  sie  betroffen  sind.  Der  Innovationsfonds  wird  verstetigt.  Für erfolgreiche geförderte Projekte, wie die der Patientenlotsen werden wir einen Pfad vorgeben, wie diese in die Regelversorgung überführt werden können. 

Bei  Behandlungsfehlern  stärken  wir  die  Stellung  der Patientinnen  und  Patienten  im  bestehenden Haftungssystem. Ein Härtefallfonds mit gedeckelten Ansprüchen wird eingeführt.

Versorgung mit Arzneimitteln und Impfstoffen 

Wir stellen die Versorgung mit innovativen Arzneimitteln und Impfstoffen sicher. Die Engpässe in der Versorgung  bekämpfen  wir  entschieden.  Wir  ergreifen  Maßnahmen,  um  die  Herstellung  von Arzneimitteln inklusive der Wirk- und Hilfsstoffproduktion nach Deutschland oder in die EU zurück zu verlagern. Dazu gehören der Abbau von Bürokratie, die Prüfung von Investitionsbezuschussungen für Produktionsstätten, sowie die Prüfung von Zuschüssen zur Gewährung der Versorgungssicherheit.Um Interessenkonflikte zu vermeiden, schaffen wir mehr Transparenz über finanzielle Zuwendungen an Leistungs- und Hilfsmittelerbringer.

Drogenpolitik

Wir führen die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften  ein.  Dadurch  wird  die  Qualität  kontrolliert,  die  Weitergabe  verunreinigter  Substanzen verhindert  und  der  Jugendschutz  gewährleistet.  Das  Gesetz  evaluieren  wir  nach  vier  Jahren  auf gesellschaftliche Auswirkungen. Modelle zum Drugchecking und Maßnahmen der Schadensminderung ermöglichen und bauen wir aus. 

Bei der Alkohol- und Nikotinprävention setzen wir auf verstärkte Aufklärung mit besonderem Fokus auf Kinder, Jugendliche und schwangere Frauen. Wir verschärfen die Regelungen für Marketing und Sponsoring  bei  Alkohol,  Nikotin  und  Cannabis.  Wir  messen  Regelungen  immer  wieder  an  neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und richten daran Maßnahmen zum Gesundheitsschutz aus. 

Gesundheitsfinanzierung

Wir  bekennen  uns  zu  einer  stabilen  und  verlässlichen Finanzierung  der  gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Den Bundeszuschuss zur GKV dynamisieren wir regelhaft. Wir finanzieren höhere Beiträge für die Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld II aus Steuermitteln. Wir behalten das bestehende Preismoratorium bei. Das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes  (AMNOG) entwickeln wir weiter. Wir stärken die Möglichkeiten der Krankenkassen zur Begrenzung der Arzneimittelpreise. Der verhandelte Erstattungspreis gilt ab dem siebten Monat nach Markteintritt. 

Die gesetzlichen Krankenkassen sollen ihre Service- und Versorgungsqualität zukünftig anhand von einheitlichen Mindestkriterien offenlegen. Sie erhalten verstärkt die Möglichkeit, ihren Versicherten auch  monetäre  Boni  für  die  Teilnahme  an  Präventionsprogrammen  zu  gewähren.  Für  Kinder  und Jugendliche in der PKV soll zukünftig das Prinzip der Direktabrechnung gelten. 

Wir werden für Menschen mit ungeklärtem Versicherungsstatus, wie insbesondere Wohnungslose, den Zugang zur Krankenversicherung und zur Versorgung prüfen und im Sinne der Betroffenen klären.


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