,,Machen Sie auch mal etwas anderes“

Mathematiklehrer Martin Bottesch beendete seine Lehrtätigkeit

Ausgabe Nr. 2819

Alle anwesenden Lehrkräfte stellten sich gerne zu einem Gruppenbild mit ihrem Kollegen Martin Bottesch (stehend, im weißen Hemd in der Bildmitte) auf.                             
Foto: Beatrice UNGAR

,,Machen Sie auch mal etwas anderes, als unterrichten“. Diesen Ratschlag gab der Mathematiklehrer Martin Bottesch seinen Kolleginnen und Kollegen von dem Samuel-von-Brukenthalgymnasium zum Abschied mit auf den Weg. Bottesch hatte am 31. Mai in die Aula dieser Schule zu einer Feierstunde und einem geselligen Beisammensein anlässlich des Beendens seiner Lehrtätigkeit eingeladen. Zu Wort kamen dabei der frühere Schulleiter, Physiklehrer Gerold Hermann, die amtierende Schulleiterin Monika Hay und seitens der Schulbehörde Fachinspektor für Mathematik Nicolae Suciu.

Am 27. September 1953 in Großpold geboren studierte Martin Bottesch Mathematik an der Babeș-Bolyai-Universität in Klausenburg und unterrichtete von 1978 bis 1992 Mathematik und Physik am Mühlbacher Lyzeum (heute Lucian Blaga-Nationalkolleg). 1992 kam er nach Hermannstadt als Mathematiklehrer an das Samuel-von-Brukenthal-Gymnasium. 1998, als das Zentrum für die Lehrerfortbildung in deutscher Sprache (ZfL) in Mediasch gegründet wurde, übernahm er dessen Leitung bis 2004. Von 2004 bis 2012 war er Kreisratsvorsitzender in Hermannstadt und seit 2012 wieder an der Brukenthalschule. 2013 wurde er zum Vorsitzenden des Siebenbürgenforums gewählt.

Lesen Sie im Folgenden die Ansprache von Gerold Hermann:

Ich habe versucht, anlässlich des Beendens der Lehrtätigkeit von Martin Bottesch an der Brukenthalschule meine vielfältigen Gedanken zu ordnen.

Als Hermannstädter denke ich an den Flughafen …

Ich bin überzeugt, dass Hermannstadt keinen internationalen Flughafen hätte, wenn es nicht eine glückliche politische Konstellation gegeben hätte, in der Herr Bottesch als Kreisratsvorsitzender eine Schlüsselrolle gespielt hat. Der Flughafen wiederum, war ein essentieller Faktor für die sprunghafte industrielle Entwicklung unserer Stadt.

Ich denke an die Begeisterung für Mathematik …

Nach dem Ende des Mandats als Kreisratsvorsitzender, kam Martin Bottesch zurück an die Brukenthalschule und übernahm 9. Klassen. Bei der Kreisphase der Mathematik-Schülerolympiade belegten seine Schüler die Plätze I, II und III – ein einmaliges Ergebnis für die Schule. Sicherlich, es waren ausgezeichnete Schüler (ich hatte in der gleichen Mathematik-Informatik Klasse Unterricht), aber ohne die Fähigkeit des Lehrers, die Schüler zu begeistern und anzuleiten, ohne die zig Vorbereitungsstunden wäre so ein Ergebnis nie möglich gewesen.

Ich habe nie einen anderen Lehrer gekannt, der das regelmäßige Erscheinen der Fachzeitschrift (Gazeta matematică) mit Spannung erwartet hat. Mir wurde klar: Zuerst kam der Aufwand für die Beibehaltung des eigenen Spitzenniveaus, dann das Training der Schüler.

Ich denke an Respekt …

Ich glaube nicht, dass es eine Person gibt, die behaupten kann, respektlos von Herrn Bottesch behandelt worden zu sein – ganz unabhängig von ihrer Stellung oder Funktion. Die Schüler hatten den praktischen Beweis, dass Noten nicht eine Beurteilung der Person darstellen, sondern eine Momentaufnahme der Kompetenzen und Kenntnisse.

Ich denke an Objektivität und Konsequenz …

Seit vielen Jahren habe ich den Eindruck, dass es sich in Klassen, in denen Herr Bottesch unterrichtet, leichter arbeiten lässt. Diese Schüler erleben in vier Wochenstunden, dass einem begründeten Ja oder Nein des Lehrers nicht eine lange Debatte im Versuch, den Lehrer umzustimmen, folgen muss. Die Schüler wissen, dass die Note 10 für Leistungen über dem Durchschnitt in Bezug auf den Lehrplan vergeben wird.

Desgleichen möchte ich die Konsequenz erwähnen, mit der Martin Bottesch die deutsche Sprache im Umgang mit allen Kennern und Lernenden verwendet hat, wenige Ausnahmen waren die Abstecher zum siebenbürgisch-sächsischen Dialekt. Für das Landlerische gab es in der Schule leider keine Gesprächspartner.

Ich denke an Hartnäckigkeit und Prestige …

In vielen heiklen Situationen habe ich mich mit Herrn Bottesch beraten, immer waren die ausgewogenen und nüchternen Meinungen eine Hilfe. Es ist sicher keine Übertreibung, wenn ich sage, dass die Gründung des Zentrums für Lehrerfortbildung in Deutscher Sprache Mediasch ebenso wie die finanzielle Unterstützung der deutschsprachigen Lehrer über die Saxonia-Stiftung der Hartnäckigkeit und dem Prestige von Herren Bottesch zu verdanken sind.

Nicht unerwähnt soll der langjährige Vorsitz des Demokratischen Forums der Deutschen in Siebenbürgen sein.

Ich denke an den Begriff Erholung …

Spät habe ich gemerkt, dass Herr Bottesch viele Jahrzehnte lang jegliche Urlaubs- oder Freizeit jenseits der Erfüllung von Aufgaben aus Ehrenämtern als Chance wahrgenommen hat, um sich der Arbeit im Bereich seiner Hobbys zu widmen: Geschichte, der landlerische Dialekt, die besonderen Aspekte der Verwendung der deutschen Sprache in Schulen aus Rumänien. Wer den Band „Großpold – ein Dorf in Siebenbürgen“ in Händen hält, braucht keine weiteren Argumente. Das 500-Seiten Werk hat zwei Autoren, aber die akribische Dokumentation und das Zusammentragen der 1000 Fotos hat Martin Bottesch alleine bewerkstelligt. Das Buch wurde übrigens ins Rumänische übersetzt und erscheint demnächst.

Lieber Martin, Du wirst für uns weiterhin ein Bezugspunkt bleiben. Wir danken Dir für alles und wünschen Dir noch viele gesunde Jahre!

Gerold HERMANN

Anm. der Red.: Wir schließen uns den guten Wünschen an!

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Persönlichkeiten, Schule.