Guns N’ Roses in Frankfurt

Wie Axl Rose in der Arena die Kontrolle verlor (plus Fotogalerie)

Das einzige Deutschlandkonzert von Guns N‘ Roses verläuft im Eintracht-Stadion anders als erhofft. Axl Rose ringt mit Stimmproblemen.

05.07.2023 UPDATE: 04.07.2023 15:00 Uhr 3 Minuten, 20 Sekunden
„Welcome to the Jungle“? Im ehemaligen Waldstadion wirken Guns N’ Roses weitaus weniger gefährlich als früher. Foto: Guilherme Neto

Von Daniel Schottmüller

Frankfurt. Man weiß nicht, mit wem man mehr Mitleid haben soll. Mit den Fans im ausverkauften Deutsche Bank Park, die sich dieses Desaster mit teurem Stadionbier schön saufen müssen? Mit Slash, der sich fast drei Stunden lang mit Talkbox, Bottleneck, Doppelhals-, Akustik- und E-Gitarren redlich Mühe gibt, die Katastrophe einzudämmen? Oder mit dem Tontechniker. Der Mann muss an diesem Abend Blut und Wasser über seinen Reglern ausgießen. Kompressor, Echo, Lautstärke hoch und runter – es hat alles keinen Zweck. Die Stimme von Axl Rose ist im Eintracht-Stadion einfach nicht zu bändigen. Der 61-Jährige schnarrt, bellt, säuselt, findet kurz sein brachial schneidendes Rockorgan, um schon im nächsten Moment wieder in eine großmütterliche Kopfstimme zu rutschen. Aufstöhnen, wenn der Sänger nach längeren Instrumentalpassagen zurück auf die Bühne kreiselt. Schon wieder der …

Es hatte sich angedeutet. Mit Überschriften wie "Welcome to the Mumble" (Willkommen zum Genuschel) hat die britische Presse vor wenigen Tagen ihre Kritiken über- und den Headliner-Auftritt beim Glastonbury-Festival abgeschrieben. Rose schoss zurück. Die übertragende BBC sei schuld am schlechten Sound gewesen. Und überhaupt: Was wissen Kritiker schon? Diesem Trotz haben wir Hymnen wie "Get in the Ring" zu verdanken – bis heute der beste Journalisten-Diss der Rockgeschichte, von dem sich so mancher Battlerapper etwas abschauen könnte. Aber 32 Jahre später geht es nicht mehr um Geschmacksfragen, sondern um die Arbeitsgrundlage. Würde man Cristiano Ronaldo Freistöße schießen lassen, wenn sein rechter Fuß bei jedem zweiten Schritt unkontrolliert zur Seite ausschlackert?

Nun ist es einfach, auf Rose einzudreschen. Wer spuckend und Mikroständer um sich schleudernd in Bandana, Unterhosen und Stiefeln über die Bühne irrlichtert, gibt eine treffliche Zielscheibe ab. Vor allem, wenn er dazu noch den Ruf genießt, seine Fans stundenlang warten zu lassen und ihnen, sollten sie ihn filmen, direkt eins auf die Nuss zu geben. Rose hat Securitys in den Oberschenkel gebissen und Kritik von Bandkollegen mit einem Sprung aus dem fahrenden Auto quittiert. Von einer schillernden Persönlichkeit zu sprechen, wäre bei dem Mann aus Indiana untertrieben. Sein Alleinstellungsmerkmal ist leider, dass er alleine dasteht. Denn im Gegensatz zu den anderen Frontmännern, die in den späten Achtzigern und Neunzigern am letzten großen Rockbeben der amerikanischen Westküste beteiligt waren, – Anthony Kiedis, James Hetfield, Eddie Vedder oder Dave Grohl – wurde Axl Rose nie vorbehaltlos verehrt.

Das wird auch beim einzigen Deutschlandkonzert des Jahres deutlich. Den ...

Dieser Artikel wurde geschrieben von:
(bearbeitet)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.