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Kultur Arsen

Warum von grünen Büchern eine Gefahr ausgeht

Redakteur Feuilleton
Schweinfurter Grün? Pariser Grün? Schwedisches Grün? Ein Gift mit vielen Namen Schweinfurter Grün? Pariser Grün? Schwedisches Grün? Ein Gift mit vielen Namen
Schweinfurter Grün? Pariser Grün? Schwedisches Grün? Ein Gift mit vielen Namen
Quelle: picture alliance/ dpa/ Universität Bielefeld
Die Universitätsbibliotheken in Bielefeld und Saarbrücken sperren zigtausende Bücher für den Leihverkehr. Sie sollen mit Arsen belastet sein. Wer hier einen perfiden Trick der Cancel Culture vermutet, sollte die Geschichte einer Farbe kennen, die schon einen der mächtigsten Männer getötet haben könnte.

Besonders wird das bibliophile Buch durch seinen Farbschnitt. Allerdings weisen die grünen Seitenränder in der Bibliothek der Bielefelder Universität auf Kupferarsenit hin. Das arsenhaltige Salz hat sich der Kulturgeschichte schon mit allerlei Trivialnamen getarnt: Pariser Grün, Moosgrün, Schweinfurter Grün, Uraniagrün, Patentgrün, Wiener Grün, Neugrün und Kaisergrün.

Es war die Farbe des gehobenen Bürgertums, nicht nur für Bücher. Wände wurden moosgrün tapeziert und kaisergrün gestrichen. In feuchteren Gegenden klagten Bewohner grüner Biedermeierräume über Schwächezustände und Schwindelanfälle. Als in den Sechzigern des 20. Jahrhunderts eine Haarprobe Napoleons untersuchte wurde, entdeckte man darin Arsen und ging von einem Giftmord aus. Eine noch spätere Analyse der parisgrünen Tapete von St. Helena ergab jedoch, Napoleon könnte auch an Kupferarsenit-Dämpfen gestorben sein und nicht an einer Magenblutung.

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Wie auch immer: Mineralgrün, Mitisgrün, Schwedisches Grün und wie es sonst noch hieß, war nie gesund. Arsen ist giftig, wie man seit Albertus Magnus weiß, der es im 13. Jahrhundert an der Kölner Domschule, der späteren Universität, entdeckte und beschrieb. Arsensalze waren schon wenig später in sämtlichen Apotheken vorrätig, als Rattengift und Droge, Medizin und „Erbschaftspulver“ für freiwillige und unfreiwillige Sterbehilfe.

Es fand sich in unzähligen Büchern wieder. Bei Gustave Flaubert starb Madame Bovary den Freitod durch Arsen, sein „Wörterbuch der Gemeinplätze“ berichtete von Völkern, die sich am Arsen berauschten. Es half Syphilis zu heilen und wird heute noch bei Leukämie verabreicht.

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60.000 Bücher sollen an der Universität von Bielefeld mit Kupferarsenit belastet sein und für den Leihbetrieb gesperrt werden. Die Bibliothek der Universität Saarbrücken überprüft ihren Bestand an alten Büchern mit auffällig grünen Einbänden. Wie bereits in der Bildenden Kunst, wo Farben aus Blei, Cadmium und anderen verdächtigen Pigmenten in den Giftschränken verschwunden sind, canceln auch Büchereien nun, was einem ernsthaft schaden könnte.

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