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532Eine Schutzzone, keine Schutzzone - Abzählreime auf Kölsch
Fotohinweis: © Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)
So schnell geht Wende in Köln:
„Die Idee der Oberbürgermeisterin Henriette Reker, den Dom in der Silvesternacht durch einen Zaun vor Raketen und Böllern zu schützen, dürfte wohl kaum verwirklicht werden. Zu groß ist der Widerstand im Stadtrat, eher verhalten die Unterstützung der Polizei.“
So zu lesen in der Papier-Samstagsausgabe des Kölner Stadtanzeigers, 17.9.2016, zweite Lokalseite.
Die Betonung liegt auf: „eher verhalten die Unterstützung der Polizei“.
Am 15. September ist im Lokalteil des Kölner Stadtanzeigers als Überschrift zu lesen: „Auch Reker will die Schutzzone“. Also war die Idee zwei Tage zuvor noch nicht ihre eigene gewesen. Oder sie ist es erst zwei Tage später geworden. Oder der Stadtanzeiger hat es erst zwei Tage später so benannt.
Am 14. September noch hieß es im Kölner Stadtanzeiger, das Papier sei ein Konzept der Polizei: „Das Diskussionspapier der Kölner Polizei sieht vor, dass bestimmte Verhaltensweisen künftig rund um die Kathedrale verboten sein sollen und die Einhaltung auch kontrolliert werden soll.“
www.ksta.de/koeln/koelner-dom-rek…
Noch konkreter war die Quelle im Kölner Stadtanzeiger benannt worden am 13. September:
„Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Mittwoch-Ausgabe) berichtet, liegt Oberbürgermeisterin Henriette Reker der Entwurf für eine „Schutzzone Dom“ des Kölner Polizeipräsidenten Jürgen Mathies vor.“
www.ksta.de/koeln/nach-vorfaellen…
Hier haben wir wohl – ganz nebenbei bemerkt - den journalistisch einzigartigen Fall, dass eine Tageszeitung sich selbst zitiert, als ob es eine andere Tageszeitung wäre. Schizophrenie? Multiple Persönlichkeit? Oder einfach nur verschiedene Autoren? Oder dem Umstand geschuldet, dass die Online-Ausgabe eigene Wege geht?
Aber zurück zum Eigentlichen:
Wer also nun hatte die Idee zur Schutzzone? Die Oberbürgermeisterin? Der Polizeipräsident? Die Polizei – die ihren eigenen Vorschlag seltsamerweise nur verhalten unterstützt? Und wer untergräbt hier warum wessen Ideen? Die Nachrichtenlage in ein und demselben Medium ist wechselhaft. Das wird wohl kaum nur die Schuld des Kölner Stadtanzeigers sein – möglicherweise aber ein Zeichen durchorganisierter Planlosigkeit in Köln. Oder planvoller Unorganisiertheit. Oder Ausdruck einer Kampagne, die da ungeschrieben lautet: Der neue Polizeipräsident möge der Retter von Köln werden. Nicht nur an Silvester.
Man muss bedenken, dass über Silvester ein alter Polizeipräsident gegen einen neuen Polizeipräsidenten ausgetauscht wurde. Der jetzt, laut Medien und Polizei, alles besser macht. Die Kriminalitätsrate am Bahnhof ist zum Beispiel erheblich gesunken. Schrieb der Stadtanzeiger vor wenigen Tagen. Nein, er schrieb nicht nur – er gestaltete auch. Einen großen Artikel – denn im Gegensatz zum Rest der Welt (na ja, der Vergleich war NRW) war die Kriminalitätsrate in Köln gesunken.
www.ksta.de/koeln/erhoehte-polize…
Neu war die Nachricht auch nicht, allenfalls die Statistik. Schon im Sommer wusste der Kölner Stadtanzeiger zu berichten, dass der Kölner Hauptbahnhof sicherer geworden ist. Nicht nur vom Gefühl, auch die Zahl der Taschendiebstähle sank in einem respektablen Ausmaß. www.ksta.de/koeln/polizeistatisti…
Womit bewiesen war, was hatte bewiesen werden sollen: Mehr Polizeipräsenz = weniger Kriminalität.
Nun hatten wir das alle vorher gewusst, viele vorher gefordert. Auch der alte Polizeipräsident Wolfgang Albers hatte dies mit Sicherheit gewusst. Und gewiss auch gefordert. Nur nicht bewilligt bekommen.
Doch unterm Strich bleibt: Köln wird sicherer. Und der neue Polizeipräsident hatte eine gute Idee, die in Wirklichkeit von Henriette Reker ist. Oder die jetzt Henriette Reker in die Schuhe geschoben wird, weil man in Köln doch keine freie Oberbürgermeisterin will. Und weil man in Köln doch eher keinen Zaun um den Dom will. Ist ja peinlich. Und so wenig weltoffen.
Aus dem Papierstadtanzeiger von Samstag: „Eine Absprerrung rund um die Kathedrale ,sei das völlig falsche Signal’, findet SPD-Fraktionschef Martin Börschel. ,Wir sind eine tolerante, weltoffene Stadt und dürfen uns nicht aus Angst die Freiheit nehmen lassen. Ein Zaun ist nicht das Symbol unserer offenen Gesellschaft.“
Ja, wir sind weltoffen. So weltoffen, dass jeder den Dom anpinkeln darf. Von außen ganz gewiss – und von innen ganz bestimmt auch.
Und das Fazit: Die Kölner sind auf der Suche nach der Quadratur des Kreises. Ein sichere, weltoffene Stadt mit Dom, in der niemand eine Einschränkung hinnehmen muss. Das Ei des Kolumbus. Wenn wir das nur fänden. 9 Monate nach der Silvesternacht sind die Kölner weder willens noch in der Lage, Konsequenzen zu ziehen. Es kreißte der Berg und gebar einen Zwerg.
Aber: Wir haben schon einen Retter und weniger Taschendiebstähle. Wenn das nicht nix ist!
Ach wenn die Heinzelmännchen doch nur ihren beleidigten Dickkopf ablegen könnten! Sie wüssten bestimmt Rat und Hilfe – und haben es von ihrem Denkmal ja auch nicht weit zum Kölner Dom.
So schnell geht Wende in Köln:
„Die Idee der Oberbürgermeisterin Henriette Reker, den Dom in der Silvesternacht durch einen Zaun vor Raketen und Böllern zu schützen, dürfte wohl kaum verwirklicht werden. Zu groß ist der Widerstand im Stadtrat, eher verhalten die Unterstützung der Polizei.“
So zu lesen in der Papier-Samstagsausgabe des Kölner Stadtanzeigers, 17.9.2016, zweite Lokalseite.
Die Betonung liegt auf: „eher verhalten die Unterstützung der Polizei“.
Am 15. September ist im Lokalteil des Kölner Stadtanzeigers als Überschrift zu lesen: „Auch Reker will die Schutzzone“. Also war die Idee zwei Tage zuvor noch nicht ihre eigene gewesen. Oder sie ist es erst zwei Tage später geworden. Oder der Stadtanzeiger hat es erst zwei Tage später so benannt.
Am 14. September noch hieß es im Kölner Stadtanzeiger, das Papier sei ein Konzept der Polizei: „Das Diskussionspapier der Kölner Polizei sieht vor, dass bestimmte Verhaltensweisen künftig rund um die Kathedrale verboten sein sollen und die Einhaltung auch kontrolliert werden soll.“
www.ksta.de/koeln/koelner-dom-rek…
Noch konkreter war die Quelle im Kölner Stadtanzeiger benannt worden am 13. September:
„Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Mittwoch-Ausgabe) berichtet, liegt Oberbürgermeisterin Henriette Reker der Entwurf für eine „Schutzzone Dom“ des Kölner Polizeipräsidenten Jürgen Mathies vor.“
www.ksta.de/koeln/nach-vorfaellen…
Hier haben wir wohl – ganz nebenbei bemerkt - den journalistisch einzigartigen Fall, dass eine Tageszeitung sich selbst zitiert, als ob es eine andere Tageszeitung wäre. Schizophrenie? Multiple Persönlichkeit? Oder einfach nur verschiedene Autoren? Oder dem Umstand geschuldet, dass die Online-Ausgabe eigene Wege geht?
Aber zurück zum Eigentlichen:
Wer also nun hatte die Idee zur Schutzzone? Die Oberbürgermeisterin? Der Polizeipräsident? Die Polizei – die ihren eigenen Vorschlag seltsamerweise nur verhalten unterstützt? Und wer untergräbt hier warum wessen Ideen? Die Nachrichtenlage in ein und demselben Medium ist wechselhaft. Das wird wohl kaum nur die Schuld des Kölner Stadtanzeigers sein – möglicherweise aber ein Zeichen durchorganisierter Planlosigkeit in Köln. Oder planvoller Unorganisiertheit. Oder Ausdruck einer Kampagne, die da ungeschrieben lautet: Der neue Polizeipräsident möge der Retter von Köln werden. Nicht nur an Silvester.
Man muss bedenken, dass über Silvester ein alter Polizeipräsident gegen einen neuen Polizeipräsidenten ausgetauscht wurde. Der jetzt, laut Medien und Polizei, alles besser macht. Die Kriminalitätsrate am Bahnhof ist zum Beispiel erheblich gesunken. Schrieb der Stadtanzeiger vor wenigen Tagen. Nein, er schrieb nicht nur – er gestaltete auch. Einen großen Artikel – denn im Gegensatz zum Rest der Welt (na ja, der Vergleich war NRW) war die Kriminalitätsrate in Köln gesunken.
www.ksta.de/koeln/erhoehte-polize…
Neu war die Nachricht auch nicht, allenfalls die Statistik. Schon im Sommer wusste der Kölner Stadtanzeiger zu berichten, dass der Kölner Hauptbahnhof sicherer geworden ist. Nicht nur vom Gefühl, auch die Zahl der Taschendiebstähle sank in einem respektablen Ausmaß. www.ksta.de/koeln/polizeistatisti…
Womit bewiesen war, was hatte bewiesen werden sollen: Mehr Polizeipräsenz = weniger Kriminalität.
Nun hatten wir das alle vorher gewusst, viele vorher gefordert. Auch der alte Polizeipräsident Wolfgang Albers hatte dies mit Sicherheit gewusst. Und gewiss auch gefordert. Nur nicht bewilligt bekommen.
Doch unterm Strich bleibt: Köln wird sicherer. Und der neue Polizeipräsident hatte eine gute Idee, die in Wirklichkeit von Henriette Reker ist. Oder die jetzt Henriette Reker in die Schuhe geschoben wird, weil man in Köln doch keine freie Oberbürgermeisterin will. Und weil man in Köln doch eher keinen Zaun um den Dom will. Ist ja peinlich. Und so wenig weltoffen.
Aus dem Papierstadtanzeiger von Samstag: „Eine Absprerrung rund um die Kathedrale ,sei das völlig falsche Signal’, findet SPD-Fraktionschef Martin Börschel. ,Wir sind eine tolerante, weltoffene Stadt und dürfen uns nicht aus Angst die Freiheit nehmen lassen. Ein Zaun ist nicht das Symbol unserer offenen Gesellschaft.“
Ja, wir sind weltoffen. So weltoffen, dass jeder den Dom anpinkeln darf. Von außen ganz gewiss – und von innen ganz bestimmt auch.
Und das Fazit: Die Kölner sind auf der Suche nach der Quadratur des Kreises. Ein sichere, weltoffene Stadt mit Dom, in der niemand eine Einschränkung hinnehmen muss. Das Ei des Kolumbus. Wenn wir das nur fänden. 9 Monate nach der Silvesternacht sind die Kölner weder willens noch in der Lage, Konsequenzen zu ziehen. Es kreißte der Berg und gebar einen Zwerg.
Aber: Wir haben schon einen Retter und weniger Taschendiebstähle. Wenn das nicht nix ist!
Ach wenn die Heinzelmännchen doch nur ihren beleidigten Dickkopf ablegen könnten! Sie wüssten bestimmt Rat und Hilfe – und haben es von ihrem Denkmal ja auch nicht weit zum Kölner Dom.