18 Nov

Die kleinen Schwarzen

Von Marijke

hochroth-verlag-regen_im_zelt

Bücher aus dem hochroth Verlag kauft man am besten abends

Die schlanken Büchlein, auf deren schwarzen Covern durch einen ausgestanzten Kreis das Logo des hochroth Verlags zu sehen ist, haben Wiedererkennungswert – die meisten der Autorennamen sind eher unbekannt. Der junge Verlag, der im Oktober 2008 von Marco Beckendorf (27, Regionalwissenschaftler) gegründet wurde, hat sich Zweierlei zum Ziel gesetzt. Nachdem große Verlage ihre Lyrikreihen eingestellt haben, möchte er für Nachwuchspoeten eine Plattform jenseits der Literaturzeitschriften sein. Den Sprung in das hochroth-Programm geschafft haben bereits Sven-André Dreyer oder Konstantin Hanack. Aber auch verstorbene und bereits in Vergessenheit geratene – vor allem expressionistische – Autoren wie Alfred Lichtenstein oder Albert Ehrenstein sollen hier wieder dem Leserpublikum zugänglich gemacht werden. Ursprünglich waren für das erste Jahr vier Titel geplant. Als dann nach sechs Monaten bereits drei Titel vorlagen, wurde das Ziel auf sechs erhöht. Am Ende wurden es acht! Mit einer Startauflage von gerade einmal zwanzig Stück werden die bis zu fünfzig Seiten starken Büchlein in Handarbeit hergestellt. Einmal wöchentlich findet ein Drucktag statt, an dem Marco Beckendorf und Mitarbeiterin Laura Burlon die Seiten von zwanzig bis dreißig Büchern am Tintenstrahldrucker zu Hause ausdrucken, schneiden und binden.

Verkaufen lassen sich die schmucken Bände am besten abends in Berliner Cafés und Restaurants direkt aus dem Bauchladen heraus, man findet sie aber auch bei Dussmann und der Buchhandlung Kohlhaas & Company im Literaturhaus Berlin. Dabei legt es der Verlag gar nicht auf große Auflagen an, denn schon jetzt ist es schwierig, mit dem Nachdrucken hinterher zu kommen. Viel wichtiger als Umsatzzahlen ist Marco Beckendorf, dass das Verlagskonzept erhalten bleibt: Ausgewählte Bücher im Eigendruck und Selbstverkauf zu moderaten Preisen – die Bände kosten gerade einmal sechs Euro pro Stück. Wenn ein Buch nicht lieferbar ist, muss der Leser sich ein wenig gedulden und warten, bis die nächsten Exemplare des vergriffenen Titels nachgedruckt sind. Das Konzept des Verlages scheint aufzugehen: Insgesamt gingen im ersten Jahr mehr als tausend Exemplare über den (Bauch)-Ladentisch – und das ohne Werbung, Pressearbeit, Messe und was sonst noch als das A und O der Buchindustrie gilt.

Gar nicht verrückt: Aufruf zur Verlagsgründung

Hinter dem Konzept verbirgt sich noch eine weitere Idee. hochroth versteht sich selbst als „Modellprojekt zur alternativen Verlagsszene“. Das Alternative liegt vor allem in der Herstellung und dem Vertrieb der Bücher, von dem sich Marco Beckendorf wünscht, dass es sich auch in anderen Städten verbreitet. Vernetzte Verlage könnten die Daten für ihre Titel ohne große Formalitäten oder Lizenzverhandlungen untereinander austauschen und die Bücher gleich vor Ort herstellen und vertreiben. Das Layout des Innenteils und die Ausstattung der Bücher blieben im Großen gleich, und so wäre sichergestellt, dass die bibliophilen Ausgaben, denen man die Schlichtheit ihrer Herstellung nicht ansieht, mit geringem Aufwand produziert werden können.

Spannend ist dieses Verlagsmodell allemal. Es hält das verlegerische Risiko so gering wie möglich, und dabei gelingt es ihm dennoch – oder gerade deswegen –, Nischen zu erobern und zu besetzen. Und wie es scheint gibt es ein großes Publikum, das sich abends in Restaurants, Cafés und Kneipen herumtreibt und darauf wartet, sich von schönen Büchern mit anspruchsvoller Literatur spontan zum Kauf aus dem Bauchladen heraus verleiten zu lassen. Allen, die Interesse haben, ehrenamtlich einen eigenen Verlag zu gründen, der auf diesem Konzept aufbaut, bietet der hochroth Verlag Unterstützung.

Wer den Verlag und seine Bücher kennenlernen möchte, hat dazu am 4. Dezember im Literaturhaus Berlin Gelegenheit. Dort wird der Schauspieler Dietrich Mattausch Texte der Expressionisten Lichtenstein und Ehrenstein lesen.

3 Reaktionen zu “Die kleinen Schwarzen”

  1. Gold Bloggoshäre explodiert – Die Gold Blogger schießen los | Gold Blog

    [...] Gold – Mode zur Zeit & Goldmag [...]

  2. Gerald

    Zufällig bin ich bei der Arbeit an einem Artikel über den Rohstoff Gold auf eure Seite gestossen und werde wahrscheinlich zum Stammleser werden. Echt tolle Seite!

    Das Programm des hochroth Verlages bestelle ich mir mal komplett :-)

  3. Nikolai

    Das sind natürlich schöne Zufälle!

Einen Kommentar schreiben