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Leben

Thomas ZiebulaIch kam in Düsseldorf zur Welt. Angeblich konnte man am Tag meiner Geburt den Rhein zu Fuß überqueren – auf Eis. Tatsächlich stört mich Kälte nicht halb so sehr wie Hochsommerhitze.

Mein Geburtsort ist mir bis heute ein Rätsel: Meine Eltern waren Wenden, sprachen Wendisch, wenn wir Kinder sie nicht verstehen sollten, lebten in einem wendischen Dorf in der Niederlausitz. Dort habe ich auch die prägenden Jahre meiner Kindheit verbracht. Mein Vater arbeitete für einen westlichen Nachrichtendienst und geriet ins Visier der Stasi. Um dem Bautzener Zuchthaus zu entgehen, ließ er alles stehen und liegen und floh mit uns, seiner Familie, in den Westen. Entwurzelung – eine der Erfahrungen, die mich zum Schreiber gemacht haben.

Meine Jugend verbrachte ich im badischen Murgtal und in Karlsruhe. Mein Hassfach im Gymnasium: Mathematik. Meine Lehrerin in der zwölften Klasse wandte uns während des Unterrichts meistens den Rücken zu und bekritzelte die Tafel mit allerhand Formeln. Mitten in der letzten dieser viel zu vielen Mathestunden stand ich auf und ging.

Auf dem Bau, unter badischen und italienischen Maurern, lernte ich, dass fünf Bier so viel wie ein „Vesper“ seien, nur dass man dann noch nichts dazu getrunken habe. Als Hähnchenbrater träumte ich wochenlang von der Hölle: Nacht für Nacht durchquerte ich einen fabrikgroßen Grill, in dem sich an unendlichen Spießen ungefähr eine Millionen Hähnchen drehten. Als angehender Krankenpfleger stand ich vor dem Bett einer sterbenden Greisin und hörte, als sie mein Alter erfuhr, wie sie seufzte: „Zwanzig? Gott! Mir ist, als wäre es gestern gewesen, dass ich zwanzig war.“
Das ging mir mächtig unter die Haut und ich dachte mir, man sollte seine Lebenszeit verdammt gut nutzen, wenn sie einem 60 Jahre später, im Rückblick, so kurz vorkommt.

Als Kind erzählte ich mir und meinen Geschwistern Geschichten gegen Angst, Einsamkeit und Ohnmacht. Meine ersten Texte stammen aus frühster Jugend – Gedanken, Erlebtes, Gedichte. Vor allem letztere schrieb ich mit Leidenschaft und würde gern auch heute noch ausschließlich Verse basteln; doch von irgendetwas muss man ja leben.

Als Prediger in Kärnten schrieb ich Predigten, als Diakon in einem Schwarzwaldort Verse und Theaterstücke für den Gottesdienst und für meine Arbeit mit Kindern und jungen Leuten. Als Sozialpädagoge betrieb ich eine Schreibwerkstatt in einer psychosomatischen Klinik für Menschen in Lebenskrisen. Als Trauerredner in Dortmund ließ ich mir die letzten Lebenstage und -stunden von Verstorbenen schildern und verfasste unzählige Trauerreden. Nach und nach fand ich so zum Schreiben als Beruf.
Das erste Honorar zahlte mir eine Bank, in deren Räumen ich anlässlich einer Vernissage zwei meiner Gedichte vortrug. Noch einmal zum Mitschreiben – eine Bank zahlte für Gedichte! Ich jedenfalls bin bis heute ihr dankbarer Kunde.

Zum Dauerschreiber machte mich die pure Not: Ich zog ins Ruhrgebiet – und fand mich unter 1500 anderen arbeitslosen Sozialpädagogen wieder. Damals war ich bereits Vater von drei Kindern – inzwischen sind es vier – und Geld musste her. Also schrieb ich Arztromane und ab 1997 die Einsatzberichte des berühmten G-man Jerry Cotton aus Manhattan.

1999 engagierte mich der unbezahlbare und niemals genug zu preisende Michael Schönenbröcher, Lektor in der Heftromanabteilung von Bastei-Lübbe, als Hauptautor für die Fantasy-Serie „Maddrax“. 2001 fanden meine Leser, ich hätte den Deutschen Phantastik-Preis als bester Autor verdient und nominierten gleich noch zwei meiner Romane für eben diesen Preis.
Fantasy schreibe ich noch immer gern, doch inzwischen habe ich meine Leidenschaft für historische Romane entdeckt. Und inzwischen lebe ich mit meiner Frau wieder in der Gegend von Karlsruhe.

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