Mittelfranken


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Sieben Jahre in der Psychiatrie

Stand: 01.07.2014

Vor seiner Freilassung saß Gustl Mollath sieben Jahre lang in der geschlossenen Psychiatrie – wegen angeblicher Gemeingefährlichkeit. Die Behörden hatten ihn nie ernst genommen. Doch er hatte im Kern recht, wie sich später zeigte.

Ausschnitt aus Gustl Mollaths Anzeige

Angefangen hat alles mit einem langen Brief: In einer mit "Anzeige" überschriebenen Anhäufung von Vorwürfen, adressiert an die Staatsanwaltschaft, macht Gustl Mollath im Dezember 2003 seiner Verzweiflung Luft. Er schildert die Schwarzgeld-Vorwürfe gegen seine damalige Frau und andere Mitarbeiter der Hypo-Vereinsbank (HVB) recht eigenwillig und zuweilen ohne Zusammenhang. Die Staatsanwaltschaft sieht keinen Anlass für ein Ermittlungsverfahren. Doch die Bank geht Mollaths Anschuldigungen nach und deckt in einer internen Revision teils gravierendes Fehlverhalten mehrerer Mitarbeiter auf, darunter auch Petra Mollath. Abmahnungen und Kündigungen sind die Folge.

In Psychiatrie zwangseingewiesen

Mollath ist sich sicher, dass er kriminelle Machenschaften aufdecken kann, sieht sich aber schon bald in der Rolle des Opfers. Seine Ex-Frau habe ihn wegsperren lassen, weil er die angeblichen Schwarzgeldgeschäfte der HVB öffentlich gemacht hatte, behauptet Gustl Mollath. Tatsächlich wird er im August 2006 auf Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth in eine Psychiatrie eingewiesen. Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass er seine Frau geschlagen und eingesperrt hat. Weil er aber gemeingefährlich sei, ordnet das Gericht die Unterbringung in einer geschlossenen Abteilung einer Psychiatrie an.

Bank räumt Fehlverhalten von Mitarbeitern ein

Im Dezember 2011 berichtet das SWR-Magazin "Report Mainz" über den Fall Mollath. Die Autoren gehen Mollaths Vorwürfen nach und finden Hinweise darauf, dass Mollath Recht haben könnte. Auf Nachfrage räumt die HVB ein, mehrere Mitarbeiter hätten sich "weisungswidrig" verhalten, darunter auch Petra Mollath. Dennoch sah die Nürnberger Staatsanwaltschaft keinen Anlass, Gustl Mollaths Vorwürfen nachzugehen.

Fall soll neu aufgerollt werden

Im November 2012 kommt schließlich Bewegung in den Fall Mollath. Die Opposition im Bayerischen Landtag fordert Aufklärung, Justizministerin Beate Merk (CSU) gerät in die Defensive. Schließlich ordnet sie an, die Regensburger Staatsanwaltschaft solle die Möglichkeit eines Wiederaufnahmeverfahrens prüfen. Einen entsprechenden Antrag stellt Mollaths Rechtsanwalt Gerhard Strate im Februar 2013. Er will der Justiz gravierende Verfahrensfehler nachweisen. Mitte März beantragt auch die Regensburger Staatsanwaltschaft die Wiederaufnahme des Verfahrens.

Freilassung und neuer Prozess

Am 6. August 2013 ist er wieder ein freier Mann – fast auf den Tag genau sieben Jahre nach der Entscheidung des Landgerichts Nürnberg, Mollath in der Psychiatrie unterzubringen. Das Oberlandesgericht Nürnberg entscheidet, das Verfahren gegen Gustl Mollath neu aufzurollen und ihn unverzüglich freizulassen. Mit der Entscheidung ist ein Beschluss des Landgerichts Regensburg aufgehoben; überraschend für die Öffentlichkeit wie für Mollath selbst: "Ich bin erst mittags informiert worden, ich konnte gar nicht ordentlich zusammenpacken", sagt er, als er noch am Abend desselben Tages in Begleitung zweier Freunde die Psychiatrie in Bayreuth verlässt. Von dem anstehenden Wiederaufnahmeverfahren am Landgericht Regensburg erhofft sich Mollath vor allem eines: die "vollständige Rehabilitierung".

Der Fall Gustl Mollath

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Symbolbild: Silhouette einer Frau | Bild: BR zur Bildergalerie Fall Gustl Mollath Die Beteiligten

Der Fall Gustl Mollath ist ebenso spektakulär wie komplex. An dieser Stelle stellen wir die Beteiligten vor. [mehr]


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