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Fonds

Eine der einfachsten Arten, ein Lebensmittel zu "garen" ist, es für einige Zeit in heißem Wasser zu kochen. Wasser ist ein ausgezeichneter Wärmeleiter, außerdem bestehen die meisten Lebensmittel selbst hauptsächlich aus Wasser (durch Moleküle gebunden oder in den Zellen als freies Zellwasser), somit wird sich das Lebensmittel im Topf schnell erwärmen. Die maximale Wassertemperatur von 100 Grad ist hoch genug, um Proteine zu denaturieren, Kohlenhydrate zu verkleistern, also um Lebensmittel grundsätzlich "essbar" zu machen und natürlich auch, um Keime abzutöten. Wenn ein Stück Fleisch einige Zeit in Wasser gekocht wird, dann wird das Fleisch nicht nur gar, es entsteht auch ein reichhaltiger Extrakt, ein so genannter Fond. Der Ausdruck Fond kommt aus dem Französischen und bedeutet Grundbrühe.

Ein guter Fond ist meiner Meinung nach einer der wichtigsten Grundbausteine beim Kochen. Wenn man Rezepte von Sterne-Köchen genauer untersucht, dann stellt man fest, dass Fonds praktisch überall zum Einsatz kommen. Sie sind, zu einem Glace reduziert, die Grundlage von köstlichen Saucen. Fonds werden für Suppen, Gemüsepürees und Sauerkraut gebraucht, ein Risotto schmeckt langweilig ohne einen guten Fond. Eine Sauce Bolognese wird durch Zugabe einer Rinderbrühe gehaltvoller und eine Vinaigrette lässt sich durch etwas Kalbsfond wunderbar verfeinern und leicht binden. Fonds sind unaufdringliche Geschmacksverstärker. In diesem Kapitel geht es also nicht um die Fleischzubereitung als solche (dazu später mehr), das Fleisch soll nicht gegessen werden, sondern es geht darum, wie sich am besten die Inhalts- und Geschmacksstoffe aus dem Fleisch extrahieren lassen.

Für die Zubereitung eines Fonds wurden früher hauptsächlich Knochen über längere Zeit in siedendem Wasser ausgekocht. Heute nimmt man mehr Fleisch und weniger Knochen, doch die Zubereitung ist gleich geblieben. Aber wer macht sich heute noch die Mühe, selbst einen Fond zu kochen? Obwohl nichts leichter ist als das: Fleisch, das sich für Fonds eignet, ist günstig beim Metzger zu bekommen. Es kostet kaum Zeit, die Zutaten vorzubereiten, danach steht der Fond unbeachtet für ein paar Stunden auf dem Herd. Dann wird er abgeschüttet und am besten gleich in verschließbare Plastikgefäße gefüllt, beschriftet, kalt gestellt und schließlich eingefroren. Ich habe immer einige Eiswürfelbeutel und unterschiedlich große Plastikbehälter mit verschiedensten Fonds von 100 ml bis 500 ml im Eisfach.

Fleischfonds unterscheidet man nach hellen und dunklen Fonds. Bei hellen Fonds wird das Fleisch mit Wasser ausgekocht, bei dunklen Fonds wird es zusätzlich vor dem Auskochen gebräunt und leicht geröstet. Dadurch bekommt der Fond einen kräftigen Fleischgeschmack. Außerdem nimmt man für dunkle Fonds Fleisch mit viel Knorpeln, Sehnen und kleinen Knochen. Der Fond wird beim Einreduzieren durch die Gelatine aus dem Bindegewebe zähflüssiger, er bekommt einen besseren "Stand", ideal zur Verfeinerung von Ragouts und Fleischsaucen. Für ein Demi-Glace, eine Art Vorstufe einer dunklen Fleischsauce, wird das gebräunte Fleisch und die gebräunten Knochen nicht mit Wasser, sondern mit einem hellen oder braunen Fond aufgesetzt und nach dem Auskochen auf etwa die Hälfte reduziert. Reduziert man den fertigen Fond noch weiter, auf etwa 10% der ursprünglichen Menge, dann spricht man von einem Glace, das man lediglich noch weiter aromatisieren und etwas binden muss, um eine perfekte Fleischsauce zu bekommen. Ein Glace wird im Kühlschrank durch die Gelatine wie ein "Wackelpudding" vollständig fest. Als Jus bezeichnet man die Bratensauce, die man beim Anbraten vom Fleisch durch Lösen der Bratenreste und Fleischsäfte in der Pfanne erhält. Natürlich kann man auch hier mir einem dunklen Fond ablöschen, um einen noch aromatischeren Jus zu bekommen. Die Herstellung von dunklen Fonds braucht im Allgemeinen etwas mehr Zeit und vor allem Sorgfalt beim Bräunen. Doch dazu später mehr im nächsten Kapitel, das sich mit Anschwitzen und Anbraten beschäftigt.

Doch was passiert eigentlich auf molekularer Ebene, wenn der Fond im Topf auf dem Herd köchelt? Beim Auslaugen des Fleisches gehen offensichtlich viele Moleküle, die Farbe und Geschmack geben, in den Fond über, denn das Wasser beginnt nach einiger Zeit aromatisch zu duften. Sogar Fett schmilzt und sammelt sich an der Oberfläche des Fonds. Wie bereits erwähnt, beschleunigt die hohe Temperatur alle chemische Reaktionen und sorgt dafür, dass die Proteine in den Zellen und Muskelfasern denaturieren. Die Zellstrukturen werden so durchlässig und das Wasser hat nun leichtes Spiel, Salze, Aminosäuren und andere wasserlösliche Moleküle auszuspülen.

Merke

Diffusion ist ein physikalischer Prozess, der zu einer gleichmäßigen Verteilung von Teilchen und somit zur vollständigen Durchmischung zweier Stoffe führt.

Ein Fond darf nur wenig Trübstoffe enthalten, weil sonst Suppenbrühen und Saucen nicht auf dem Teller glänzen.

Diffusion

In der Küche spielt Wasser eine zentrale Rolle. In Wasser lösen sich polare Stoffe, wie Zucker, Salze, Proteine und viele Aroma tragende Moleküle. Wasser ist ein guter Wärmeleiter, es kommt "überall hin", in jede Ritze. Also das ideale Mittel, um ein Stück Fleisch auszulaugen und die Inhaltsstoffe zu lösen. Das eigentliche Ausschwemmen lässt sich durch das physikalische Prinzip der Diffusion erklären. Stoffteilchen haben die Eigenschaft, sich möglichst gleichmäßig in einer Flüssigkeit zu verteilen, auch ohne Umrühren oder Strömungen hervorgerufen durch Temperatur- und Dichteunterschiede. Diffusion beruht lediglich auf der Wärmebewegung der Moleküle. Ein bisschen Tinte in ein Becherglas mit Wasser getropft, verteilt sich nach einiger Zeit im ganzen Wasser gleichmäßig, weil die Wassermoleküle auch mit den Molekülen der Tinte zusammenstoßen und diese in alle Richtungen homogen verteilen.

Ein Stück Fleisch ist zwar kein Tintentropfen, Fleisch besitzt durch Zellen, Muskelfasern und Bindegewebe eine zusätzliche, makroskopische Struktur. Aus der Sicht eines Moleküls ist die freie Diffusion dadurch "erschwert", aber nicht unmöglich. Andererseits sorgt die hohe Temperatur, dass viele Strukturen, wie Muskelproteine und Zellmembranen denaturiert und zerstört werden: sie werden mit der Zeit mehr und mehr durchlässig für den Wasser- und Stofftransport. Manuelles Umrühren oder die Turbulenzen beim "Köcheln lassen" eines Fonds ist für die Durchmischung nicht notwendig. Selbst wenn der Fond nur bei 80 Grad zieht, ist sowohl die absolute Temperatur als auch die Temperaturdifferenz zwischen unteren und oberen Wasserschichten im Topf groß genug, um für viel zusätzliche Verwirbelung und Konzentrationsausgleich im Fond zu sorgen. Das Verdunsten des Wasser reduziert die Temperatur in der Nähe der Oberfläche während gleichzeitig die Herdplatte den unteren Schichten ständig Wärmeenergie zuführt. Ein hoher Topf mit kleiner Oberfläche ist deshalb ideal für das Kochen von Fonds.

Im Kochtopf finden nicht nur Diffusionsprozesse statt. Im Topf sind eine Vielzahl unterschiedlichster Moleküle wie Zucker, Säuren, Salze, Aminosäuren und Fette im Wasser gelöst und die hohe Temperatur und Bewegung im Wasser sorgt dafür, dass die Moleküle leicht miteinander zu neuen Verbindungen reagieren können. Aus chemischer Sicht ist eine exakte Beschreibung aller Reaktionen und Umwandlungen wohl aussichtslos. Selbst der Einfluss von einfachen Parametern wie Temperatur, Kochdauer, Verhältnis von Fleisch und Wasser auf den Geschmack ist weder leicht zu quantifizieren noch vollständig verstanden.

Die geschmackliche Grundrichtung eines Fonds wird durch die Sorte des verwendeten Fleisches bestimmt. Weitere Zutaten sind lediglich wenige, verschiedene Gemüse. Geschmackliche Akzente sollte man bewusst vermeiden, denn man möchte den Fond möglichst universell einsetzen können und ihn erst später weiter aromatisieren und zwar so, wie es zu den anderen Komponenten des Gerichts am besten passt. Wichtig ist, dass der fertige Fond klar und kaum getrübt ist, denn sonst "glänzen" Brühen und Saucen nicht auf dem Teller. Beim Probieren darf sich auch kein "klebriges" Mundgefühl oder ein traniger Nachgeschmack entwickeln. In diesem Fall wurde der Fond zu lange gekocht.

Rezept

Heller Hühnerfond

Die erste Basisrezeptur in diesem Kapitel ist die Herstellung eines hellen Hühnerfonds. Ein ganzes Huhn ist für die Zubereitung eines Fonds ideal, denn es bringt sowohl Fleisch als auch Knochen mit.

  • 1 Huhn, gut 1 kg
  • 50 g Zwiebeln, mit Schale
  • 50 g Karotten
  • 5 Champignons
  • 1 Lorbeerblatt, im Mörser gut gequetscht
  • 1,5 l Wasser, das Fleisch knapp bedecken

Das Huhn aus dem Kühlschrank nehmen. Keulen, Flügel und die Brust grob auslösen. Keulen und Flügel im Gelenk durchtrennen. Karkasse mit einer schweren Küchenschere in 8 Stücke teilen. Die Haut von der Brust und den Keulen entfernen, ebenso den Bürzel und große Fettpartien. Zweimal für 3 min in frisches, kaltes Wasser legen, Fleisch- und Blutreste abspülen. Das Fleisch von Keulen mit tiefen Einschnitten versehen, die Brust in 4 Stücke schneiden. In einen eher hohen als breiten Topf einen Gitterrost (zum Beispiel zum Auskühlen von Kuchen) legen, das Fleisch darauf setzen und mit kaltem Wasser auffüllen. Dann den Ansatz langsam und gleichmäßig bis kurz unter den Siedepunkt erwärmen. Das sollte gut 1 h dauern. Die Herdplatte nach und nach höher schalten. Sobald die ersten Luftblasen aufsteigen und sich die Oberfläche bewegt mit einem feinen Sieb grob abschäumen und vor allem entfetten. Dann das Gemüse in dünne Scheiben hobeln, zugeben und alles 2 h ohne Deckel bei 90 Grad ziehen lassen. Dann den Topf von der Kochstelle nehmen, mit einer Siebkelle die Fleischstücke und einen Teil des Gemüses herausheben, den Fond 10 min stehen lassen und schließlich über einem mit einem Tuch aus Leinen ausgelegten Sieb abgießen. Wieder etwas stehen lassen und mit Streifen von Küchenpapier entfetten, wenn nach dem Abschäumen noch weiteres Fett ausgetreten sein sollte. Dazu das Papier möglichst waagerecht auf die Oberfläche legen und wieder wegnehmen. Das Fett bleibt an dem Papier haften. Das Ergebnis sind 1,3 l glasklarer Fond.

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Fond kurz vor dem Sieden. Es ist deutlich zu sehen, wie klar der Fond ist.

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Fond beim Ziehen bei 90 Grad

Merke

Huhn grob in Stücke teilen.

Den Ansatz kalt ansetzen: Fleisch direkt aus dem Kühlschrank und kaltes Wasser

Fond nicht zu schnell erhitzen.

Fond nicht köcheln, sondern nur bei 90 Grad ziehen lassen.

Fond nach dem Aufkochen nur etwa 2 h ziehen lassen.

Nur wenig Gemüse verwenden.

Kein Salz verwenden.

Weniger ist mehr.

Fond-Parameter

In Kochbüchern findet man sehr unterschiedliche Angaben für die Kochzeit eines Fonds und für das Verhältnis von Fleisch und Wasser. Ich habe schon Zeiten von 6 h und mehr gesehen. Gemeinsam ist allen Rezepturen jedoch, dass der Fond köcheln und regelmäßig abgeschäumt werden soll.

Ich lasse den Fond immer nur ziehen, bei etwa 90 Grad, schäume ihn nur einmal ab (eigentlich nur wegen des Fettes), und lasse ihn eher kürzer ziehen. Ich finde, ein Fond wird nicht nachhaltiger, auch wenn man ihn 6 h köcheln lässt. Es verdunstet bei längeren Kochzeiten mehr Wasser und dadurch erscheint der Fond "kräftiger". Ein Fond muss frisch schmecken, wenn man ihn zulange ziehen lässt wird er durch Oxidation von Fett leicht tranig und hinterlässt auf der Zunge ein klebriges Gefühl. Man muss der Versuchung widerstehen, das "Letzte" aus dem Fleisch herausholen zu wollen.

Was das Verhältnis von Fleisch zu Wasser betrifft, ich nehme auch hier eher weniger Wasser, aber immer soviel, dass Fleisch und Knochen gerade bedeckt sind und füge später lieber noch etwas heisses Wasser hinzu. Je mehr Wasser man nimmt, desto mehr Geschmacksstoffe werden gelöst, aber desto stärker werden sie auch verdünnt. Wenn man zum Beispiel 1 kg Fleisch in 100 l Wasser auskocht, dann wird der Fond nur wenig Geschmack haben, er muss stark reduziert werden, um den Anteil der Wassermoleküle pro Salzion wieder zu verkleinern. Anderseits bleiben mehr Mineralstoffe im Fleisch zurück, wenn man weniger Wasser nimmt, aber der Fond bekommt reichlich Geschmack. Diese Überlegungen legen nahe, dass es eine "optimale" Wassermenge geben muss, mit der man "maximalen" Geschmack im Fond konzentriert. In der Literatur habe ich dazu leider noch keine Angaben gefunden, ich vermute jedoch, dass man tatsächlich weniger Wasser benötigt als im Rezepten oben angegeben ist. In den Chemical Reviews gibt es einen schönen Überblicksartikel zum Thema Molecular Gastronomy, der unter anderem auch neuste Erkenntnisse über die Zubereitung von "meat stocks" zusammenfasst. Lesenswert!

Eine andere Frage, die in Kochforen oft diskutiert wird, ist, ob man das Wasser salzt oder nicht. Die Physik zeigt, dass ein Diffusionsprozess zum Erliegen kommt, wenn die Konzentration von gelösten Teilchen überall gleich groß ist. Wenn das Wasser bereits gesalzen ist, verringert sich das Konzentrationsgefälle zwischen Wasser und Fleisch und im Verhältnis bleiben mehr Salze im Fleisch zurück. Würde man das Fleisch in einer isotonischen Kochsalzlösung kochen, dann hätten Fleisch und Wasser ungefähr den gleichen Mineralgehalt. Dazu müsste man allerdings etwa 3 EL Salz zu dem Ansatz geben (9 g Salz auf 1 l Wasser). Das Wasser würde dann wie Meerwasser schmecken und der Fond wäre völlig versalzen. Eine Prise Salz sollte also nicht schaden. Aus einem anderen Grund ist es jedoch besser, auf Salz ganz zu verzichten. Wenn später der Fond stark reduziert wird, wie zum Beispiel bei einem Risotto, dann würde das Resultat unter Umständen zu salzig werden, denn das Salz verschwindet nicht beim Einkochen, es konzentriert sich. Ich bin immer wieder überrascht, wie "salzig" ein eingekochter Fond schmeckt, selbst wenn ich kein Gramm Salz verwendet habe. Auch mit dem Gemüse sollten Sie sparsam umgehen. Der Fond soll nach Fleisch schmecken und nicht nach Gemüse. Ich finde, die verwendete Gemüsemischung ist bei 100 g Gemüse pro Huhn auch nicht so wichtig, Sie können auch ein Stück Sellerie, Lauch oder Petersilienwurzel zu dem Fond geben. Selbst wenn Sie nur Zwiebeln zur Hand haben, ist dies kein Grund keinen Fond zu kochen!

Nach dem Grundrezept für einen Hühnerfond kann man jeden anderen hellen Fond aus anderen Fleischsorten herstellen. Auch die Menge kann ohne weiteres verdoppelt oder auch vervierfacht werden, wenn Sie einen ausreichend großen Topf haben! Ich finde Legehennen ergeben einen ordentlichen Fond. Sie haben aufgrund ihres Alters (mehr als 2 Jahre) viel Bindegewebe, das sich in schmackhafte Gelatine umwandelt und den Fond beim Erkalten leicht gelieren lässt. Brathühner werden innerhalb von 5 Wochen auf Schlachtgewicht gemästet. Sie haben zwar einen großen Fleischanteil, geben vergleichsweise wenig Geschmack in den Fond ab. Für einen Kalbsfond bevorzuge ich Stücke mit Knochen und Knorpeln aus der Brust, die ich in 5 cm große Brocken schneide. Vermeiden Sie generell Stücke mit viel Muskelfleisch, je mehr Bindegewebe, Sehnen und kleine Knorpelstücke dabei sind, desto besser. Entfernen Sie große Fettpartien. Aus Rindfleisch können Sie natürlich auch einen Fond ziehen. Doch hier ist Vorsicht geboten, das Fleisch muss gut pariert werden, Talg- und Fettreste machen den Fond leicht etwas "streng". Mit Wild und Wildgeflügel geht man genauso vor. Für einen Wildfond nehmen Sie Knochen und Fleischabgänge von Reh und Hirsch. Auch ein Fond aus Entenkarkassen schmeckt gut, vor allem, wenn Sie daraus mit Hilfe einer Brust zum Klären eine Consommé zubereiten.

Merke

Proteine, die aus dem Fleisch ausgespült werden und im Wasser denaturieren, führen zu einer Eintrübung des Fonds.

Langsames Erwärmen des Ansatzes filtert Proteine aus dem Ansatz: sie haften an der Fleischoberfläche oder lassen sich als grössere Verklumpungen leicht an der Oberfläche abschöpfen.

Glasklarer Fond

Die Trübung des Fonds wird durch Fleischproteine im "Fleischsaft" verursacht. Proteine sind lange, kettenförmige Moleküle, die aus molekularer Perspektive gigantische Ausmasse haben. Sie können aus zehntausenden einzelner Bausteine, so genannter Aminosäuren, bestehen. Die Fäden sind im Allgemeinen bei Körpertemperatur zu dreidimensionalen, "kugelförmigen" Strukturen gefaltet und aufgewickelt. Bei Erwärmung (ab etwa 45 Grad) verlieren Proteine nach und nach ihre räumliche Struktur, ein Vorgang der als Denaturierung bezeichnet wird. Proteine tragen kaum zum Geschmack eines Fonds bei, denn sie sind viel zu groß und zu "schwer", um auf der Zunge oder in der Nase eine Geschmacks- oder Geruchsreaktion auszulösen. Im Kapitel über Fleisch wird noch viel von der Chemie der Proteine die Rede sein.

Beim Erhitzen des Ansatzes werden die Proteine aus den Zellen der oberflächennahen Schichten des Fleisches vom Kochwasser ausgespült. Im Wasser beginnen sich die langen Ketten allmählich aufzuwickeln, sich dabei zu verfangen und zu vernetzen, bis sie schließlich bei weiter steigender Wassertemperatur zu kleinen Schwebeteilchen denaturieren und so für die Trübung des Fonds sorgen. Hat der Ansatz die 60 Grad Marke erreicht, dann ist das Wasser milchig und undurchsichtig geworden. Bei etwa 90 Grad sammeln sich die größeren Teilchen in einem grauen Schaum an der Oberfläche des Fonds und können mit einem kleinen, feinen Sieb entfernt werden. Der Ansatz ist plötzlich durchscheinend und klar. Die mikroskopisch kleinen Teilchen lassen sich auf diese Weise kaum entfernen. Auch das Abgießen des Fonds durch ein Passiertuch führt nicht zu einer völligen Klärung des Fonds. Etwas später in diesem Kapitel werde ich erklären, wie man ein Fond auch noch von diesen Eintrübungen befreit und warum der Fond langsam erhitzt werden muss. Da der Fond nicht köchelt, gibt es weniger Turbulenzen und deshalb bleibt der Fond von sich aus schon klar.

Wird der Fond sehr schnell erhitzt, dann haben die Proteine wenig Zeit, sich zu größeren Ansammlungen zu verbinden. Es entstehen im Verhältnis mehr kleinere Schwebeteilchen im Fond. Erhitzt man den Fond dagegen langsamer, dann gibt man den gelösten Proteinketten im Wasser viel Gelegenheit sich zu "verheddern", weitere Proteine und Schwebeteilchen in den Netzen aufzufangen und gemeinsam zu größeren Klümpchen zu gerinnen, die dann so groß sind, dass sie mit einem Passiertuch ausgefiltert werden können. Die meisten der frei gewordenen Proteine denaturieren sogar direkt an der Oberfläche des Fleisches, werden dort festgehalten und gelangen auf diese Weise überhaupt nicht erst in den Fond. Je langsamer die Erwärmung erfolgt, desto mehr Proteine filtert die Fleischoberfläche selbst wieder aus dem Fond. Ein zusätzlicher "Abstandshalter", zum Beispiel ein Gitter zum Auskühlen von Kuchen, auf den Topfboden gelegt sorgt zusätzlich dafür, dass alle Fleischstücke überall vom Wasser umgeben sind, und nicht durch den heißen Topfboden zu schnell durchgaren und ihre Filterwirkung verlieren.

Aus den gleichen Erwägungen ist es auch wichtig, nach der "Filterphase" beim Aufwärmen den Fond nicht stark kochen zu lassen. Starke Turbulenzen und aufsteigende Bläschen aus Wasserdampf bringen die gerade gerinnenden oder schon geronnen Proteinverbände wieder auseinander und sorgen für den Abrieb der am Fleisch anhaftenden Proteine. Das in Kochbüchern oft erwähnte "regelmäßige Abschäumen" des Fonds ist meiner Meinung nach immer ein Indiz dafür, dass der Fond sehr schnell erhitzt und stark gekocht wird. Bei langsamen Erwärmen genügt es, den Fond einmal kurz nach dem Aufkochen abzuschäumen, es werden sich während dem Garziehen auch keine Verschmutzungen mehr bilden oder sich bereits gebildeter Proteinschaum wieder auflösen.

Versuch

Ziehen oder sieden lassen

Nach der ganzen Fond-Theorie machen Sie einfach folgendes Experiment, in dem Sie einen Fond "klassisch" zubereiten. Lassen Sie ihn ordentlich köcheln, und das 4 h lang! Für einen Hühnerfond nehmen Sie die gleichen Zutaten wie im Basisrezept. Der Fond verliert durch das offene Köcheln viel Flüssigkeit, bei meinem Versuch ist nicht einmal die Hälfte des ursprünglichen Ansatzes übrig geblieben. Nach 2 h habe ich ein bisschen kochendes Wasser zugegeben. Zum direkten Geschmacksvergleich mit der 90-Grad-Variante habe ich den "heißen" Fond mit dem verdunsteten Wasser wieder ergänzt. Im Blindtest konnte ich kaum einen Unterschied erkennen, was die Trübung betraf, jedoch schmeckte der "90-Grad-Fond" wesentlich frischer. Bei dem gleichen Versuch mit Kalbfleisch hatte die 2-h-90-Grad Variante eine deutlich angenehmere Note, auch war der Fond viel weniger stark eingetrübt.

Was die Trübung betrifft habe ich viele Versuche durchgeführt. Es passiert manchmal, dass ein Fond stärker eintrübt, obwohl man alles genauso gemacht hat wie immer. Eigentlich erscheint es logisch, den Fond nicht schnell in 15 min zum Köcheln zu bringen (das Fleisch wird im Kern kaum die Wassertemperatur angenommen haben), sondern über einem längeren Zeitraum gleichmässig zu erwärmen. Sie können das Fleisch auch in bereits kochendes Wasser legen, dadurch erreichen Sie dann eine extrem kurze Zeitspanne bis zum Sieden von nur wenigen Minuten. Hier wird der Fond mit Sicherheit stark eintrüben. Beim langsameren Erwärmen kann man deutlich beobachten, dass sich die meisten der frei gewordenen Proteine sogar direkt an der Oberfläche des Fleisches verklumpen und dort festgehalten werden und auf diese Weise gar nicht erst in den Fond gelangen. Leider ist es mir nicht gelungen, einen Grenzwert für den "Erwärmungsgradienten" zu bestimmen, ab dem der Fond signifikant trüber wird.

Wenn Sie einen Fond mit 4 kg Hühnerfleisch und etwa 5 l Wasser ansetzen, dauert es auch auf höchster Stufe der Herdplatte eine ganze Weile bis der Ansatz kurz unter dem Siedepunkt ist. Bei kleineren Mengen geht das Erhitzen natürlich wesentlich schneller. Wichtig ist das Fleisch kalt direkt aus dem Kühlschrank mit kaltem Wasser anzusetzen und den Topf zunächst mit mittlerer Kraft der Herdplatte zu befeuern, bis der Ansatz etwa 70 Grad erreicht und sich das Fleisch erwärmt hat und die meisten Proteine denaturiert sind.

Merke

Schmecken ist streng genommen nur das, was auf der Zunge passiert.

Beim Schmecken gibt es 5 Grundqualitäten: süß, sauer, salzig, bitter und umami.

Der Geruchsinn wird durch kleine, leicht flüchtige Moleküle angeregt.

Die meisten Aromamoleküle lösen sich sowohl in Wasser als auch in Öl, wenn auch unterschiedlich gut.

Sidebar

Aromen und Moleküle

Geschmack ist ein komplexes Zusammenspiel von allen menschlichen Sinnen. Nicht nur Schmecken und Riechen spielen eine Rolle, sondern auch das Tast- und Temperaturempfinden. Das gesamte Mundgefühl beim Kauen und Schlucken beeinflusst die Wahrnehmung von Essen. Bereits das Sehen und Hören bereitet auf ein bestimmtes Geschmackserlebnis vor. Wenn man auf eine Karotte beißt, erwartet man förmlich schon den Geruch und das Mundgefühl der Karotte beim Kauen. Sogar die Farbe eines Lebensmittels lässt Rückschlüsse auf seine Frische oder Reife zu. Deshalb ist es wichtig, alle Sinne beim Essen bewusst einzusetzen, um dessen Qualität differenziert beurteilen zu können. Das bedeutet jedoch nicht, dass Sie sich beim Kochen nur auf Ihre Sinne verlassen sollten!

Schmecken ist streng genommen nur das, was auf der Zunge passiert. Auf der Zunge sitzen mehrere tausend Geschmacksknospen mit Rezeptoren für 5 geschmackliche Grundqualitäten. Diese sind süß, sauer, salzig, bitter und umami. Für süß gibt es nur wenige Rezeptoren, so dass diese Geschmacksrichtung nicht sehr differenziert wahrgenommen werden kann. Die Empfindlichkeit gegenüber Bitterem ist deutlich höher. Alle Stoffe, die einen salzigem Geschmack hervorrufen, sind kristalline, wasserlösliche Stoffe, die im Wasser in positiv und negativ geladene Ionen dissoziieren, Kochsalz beispielsweise in positiv geladene Natrium-Ionen und negativ geladene Chlor-Ionen. Es gibt eine Rangordnung für den Grad der Salzigkeit. Kalzium wird salziger empfunden als Natrium und Chlor salziger als Nitrat.

Umami ist in der traditionellen japanischen Küche schon seit langem bekannt. Es ist der Geschmack von Natrium-Glutamat, das, aus Algen (Kombu) gewonnen, zur Geschmacksintensivierung von Suppen benutzt wurde und wird. Parmesan enthält sehr viel freies Glutamat, über Pasta gehobelt wirkt der Käse so als zusätzlicher "Geschmacksverstärker". Auch getrocknete Tomaten und Pilze haben einen ausgeprägten umami-Geschmack, der durch das Trocken intensiviert wird.

Man geht heute davon aus, dass es noch weitere Geschmacksqualitäten für Lakritz, Fett, Schärfe, Metall und andere gibt. Die genaue Zuordnung bestimmter Areale auf der Zunge zu einer Grundqualität, zum Beispiel süß an der Zungenspitze, wie man vielleicht kennt, ist allerdings nicht richtig. Es gibt nur geringe Unterschiede in der Empfindlichkeit der einzelnen Qualitäten auf der Zungenoberfläche, mit Ausnahme des Bittergeschmacks, der hauptsächlich im hinteren Bereich der Zunge lokalisiert ist.

Der Geruchsinn wird durch besondere Aroma tragende Moleküle angeregt. Dies sind kleine, leicht flüchtige Moleküle, aus wenigen Dutzend Atomen bestehend. In Wasser oder Öl gelöst verdampfen sie sehr schnell. Beim Kauen und Atmen gelangen sie aus dem Essen in den Rachenraum und werden je nach Konzentration und Geruchsschwelle wahrgenommen. Die meisten Aromamoleküle lösen sich sowohl in Wasser als auch in Öl, wenn auch unterschiedlich gut. In Öl gelöste Moleküle, zum Beispiel wie in aromatisierten Kräuterölen, sind weniger flüchtig, bis zu 100 mal weniger im Vergleich zu Wasser. Es dauert deshalb länger, bis sich genug Moleküle in der Gasphase gesammelt haben, um einen Geruchsreiz auszulösen. Allerdings verweilt Öl auch länger auf der Zunge, was diesen Nachteil teilweise wieder ausgleicht.

Der Unterschied zwischen Schmecken und Riechen kann durch ein einfaches Experiment verdeutlicht werden. Man halte sich fest die Nase zu und probiere eine Zimt-Zucker-Mischung. Zunächst merkt man nur einen süßen Geschmack. Erst wenn das Riechen beim Loslassen der Nase hinzukommt, wird die Zimt-Komponente erkannt. Gleiches geschieht, wenn eine Erdnuss-Salz-Mischung verkostet wird, ohne Nase ist nur das Salz erkennbar.

Beim Kochen und Braten entstehen eine Vielzahl von flüchtigen Verbindungen, von denen die meisten jedoch unter der Geruchsschwelle liegen, nur eine kleine Fraktion von 300-400 sind in Lebensmitteln Aroma aktiv. Der Mensch kann einige 1000 Gerüche unterscheiden, erinnern kann man sich jedoch nur an sehr wenige. Ein geübter Tester bringt es vielleicht auf 150 Gerüche. Allerdings lässt sich der Geruchssinn gut trainieren. Auch fällt ein extremer Mangel an verbalen Duftkategorien auf. Es gelingt bisher weder mit physiologischen noch mit biochemischen Methoden Geruchsklassen gegeneinander abzugrenzen.

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Das Weinrad (hier für Rotwein) zur systematischen Beschreibung von Weingerüchen

Die Nase ist extrem empfindlich. Die Geruchsschwelle von Ethanol liegt bei etwa 100 mg pro Liter Wasser, Wein enthält 1000 mal so viel. Für Grapefruitsaft liegt die Schwelle bei nur 0,0000007 mg, nur einige wenige Moleküle genügen, um an den Rezeptoren der Nasenschleimhaut eine Geruchswahrnehmung auszulösen. Durch Wechselwirkung mit anderen Geruchs- oder Inhaltsstoffen können die Schwellen stark ansteigen, zum Beispiel nimmt die Konzentration von gut fettlöslichen Aromastoffen in der Gasphase bei sinkendem Fettgehalt zu und damit auch die Intensität des Aromas. Eine Mayonnaise mit 20% Fettanteil schmeckt unausgewogen, bei 5% untypisch sahnig, bei 1% sehr nach Senf, erst bei 10% kommen alle Aromen ausgeglichen zur Geltung.

Die Kunst beim Kochen ist es, die Aromen der Zutaten gut aufeinander abzustimmen, sie beim Garen aufzuschließen und in ausreichender Menge in dem Gericht zu fixieren, so dass sie, durch das Kauen wieder befreit, die Geruchsschwelle beim Riechen überschreiten und eine Wahrnehmung auslösen können. Ähnliches gilt für das Schmecken, hier muss auf der Zunge ein begleitender Basisgeschmack erreicht werden, der die Aromen unterstreicht oder kontrastiert. Dies ist nicht so leicht, denn schon beim Kochen können sich erwünschte Aromen verflüchtigen oder verdeckt werden. Immer, wenn es in der Küche gut duftet, droht ein Verlust von Aromen. Das Schneiden von Kräutern mit einem stumpfen Messer, das offene Reduzieren eines dunklen Fonds zu einer Sauce, das Kochen von Marmelade sind nur einige Beispiele, die sicherlich mit einem gewissen Aromaschwund einher gehen. Manchmal mag das Auflegen eines Deckels verhindern, dass sich Aroma tragende Moleküle aus dem Topf verflüchtigen. Fundierte Kenntnisse der Chemie sind auch hier sicherlich hilfreich, um das Lösungsverhalten und die Stabilisierung von Aromen richtig zu beurteilen.

Nicht nur in der Küche spielen Gerüche eine wichtige Rolle. Die Extraktion und Destillation von Düften für die Herstellung von Seifen und Parfums hat eine jahrtausendealte Tradition. Bei der Extraktion werden mit Hilfe von geeigneten Extraktionsmitteln Duftkomponenten gelöst. Das Einlegen von Kräutern in Öl ist beispielsweise eine Extraktion. Bei der Destillation werden Pflanzenextrakte gekocht. Der aufsteigende Dampf reißt die Duftstoffe mit sich, und ein rasches Abkühlen bewirkt dann, dass der Dampf kondensiert und parfümiertes Wasser übrig bleibt. Dieses wird anschließend dekantiert und die leichtere Essenz vom Wasser abgeschieden. In der Labortechnik gehören so genannte Rotationsverdamfer zur Grundausstattung, die Lösungsmittel verdampfen oder Lösungen, die aus unterschiedliche Komponenten bestehen, mit hoher Präzision voneinander trennen. In den "Molekularküchen" haben diese Geräte längst Einzug gehalten.

Die beiden Bücher Molekularküche und Kochuniversität Geschmack von Thomas Vilgis bieten eine gute Einführung und viel Wissenswertes zum Thema Aromen und Kochen. Interessant finde ich auch die Idee des Foodpairings: Lebensmittel, die die gleichen Aromen teilen, lassen sich besser kombinieren als andere. Mehr dazu find man bei Martin Lerschs Blog khymos, bei cuuks und einer belgischen Website.

Merke

Fleisch nimmt in einer Salzlake Wasser und Salz auf. Durch das Wasser wird es beim Braten saftiger, durch das Salz wird nach beim Räuchern haltbar.

Brining (Nasspökeln)

Was passiert eigentlich, wenn man Fleisch nicht in heißem Wasser kocht, sondern nur in kaltes Wasser legt? Wird das Fleisch auch ausgelaugt wie bei einem Fond? Fleisch besteht bereits aus etwa 75% Wasser und 20% Proteinen. Die Proteine binden im Inneren ihrer gefalteten Struktur jedoch nur einen geringen Teil des Wassers, nur etwa 15-20% der Proteinmasse besteht aus gebundenem Wasser, das über Wasserstoffbrücken die Proteinstruktur stabilisiert. Doch wo befindet sich das Wasser, immerhin 95% des gesamten Wassergehalts, im Fleisch? Es wird in den schmalen Zellen, in denen die feinsten Muskelfasern liegen und den Kanälen dazwischen gehalten. Eine Veränderung des Wassergehalts beim Garen ist eng mit dem "Schrumpfen" dieser Fasern verbunden. Später dazu mehr im Kapitel über Fleisch.

Fleisch, das man in kaltes Wasser legt, nimmt Wasser auf, es "quillt" und nimmt an Gewicht zu. Das Fleisch ist durch den mit der Reifung einhergehenden Wasserverlust ausgetrocknet und die feinen Kanäle zwischen den Muskelfasern saugen durch ihre Kapillarwirkung wie bei einem Schwamm oder einem Fließpapier Wasser auf. Die "Saugwirkung" lässt sich an Glasröhrchen mit unterschiedlichen Durchmessern, die in Wasser stehen, demonstrieren. Im dünnsten Röhrchen steigt die Wassersäule am höchsten.

Wie viel Wasser das Fleisch wieder aufnimmt hängt vom ph-Wert und der Salzkonzentration des Wassers ab. Ohne Salz in einem saueren Milieu ist die Quellung am geringsten. Das Einlegen von Fleisch in Essig und Wein für einen Sauerbraten beispielsweise macht das Fleisch nach dem Garen zwar mürbe, es macht es aber auch vergleichsweise "trocken". Bei erhöhtem Salzgehalt des Wassers und neutralem ph-Wert steigt das Wasserbindungsvermögen. Salz wirkt in Konzentrationen oberhalb der isotonischen natürlichen Salzkonzentration (etwa 9 g pro Liter Wasser) stark quellend und lösend auf Muskelproteine. Die Fasern beginnen durch die Salzeinwirkung zuerst zu quellen, die Zwischenräume zwischen den Fasern werden größer, Wasser und darin gelöstes Salz tritt ein und wird immobilisiert. Durch das zusätzliche Salz steigt auch das Wasserbindungsvermögen und das Haltevermögen beim Garen.

Das Einlegen von Fleisch in einer Salzlake wird in im englischen Sprachraum als "Brining" bezeichnet. Schweinefleisch (Rücken) und fettarmes Geflügel (Truthahn) eignen sich am besten dazu. Das Fleisch bleibt beim Garen saftiger, allerdings wird es auch ziemlich salzig. Für eine "all purpose brine" Rezeptur zum Ausprobieren nimmt man pro Liter Wasser 75 g Salz und 100 g Zucker. Das Fleisch lässt man pro Kilogramm 2 h in der Lösung quellen, jedoch nicht länger als 8 h. Man erreicht so eine Wasseraufnahme von 10-25%. Ich habe das für ein Stück Rindfleisch und verschiedene Salzkonzentrationen ausprobiert, nach 8 h waren es tatsächlich 10%. Selbst in destilliertem Wasser ist das Fleisch etwas aufgequollen. Destilliertes Wasser ist reines Wasser, es enthält keine weiteren gelösten Stoffe. Man kann destilliertes Wasser beispielsweise zum Nachfüllen von älteren Autobatterien an Tankstellen kaufen. In einer gesättigten Kochsalzlösung (etwa 350 g Salz pro Liter Wasser) stellt sich allerdings ein umgekehrter Effekt ein. Das Gewicht des Fleisches wird weniger, offensichtlich verliert das Fleisch an Wasser. Die Hydrathüllen der Salzionen in der gesättigten Lösung sind begierig darauf, weitere Wassermoleküle zu binden. Man sagt deshalb auch, "Salz zieht Wasser an".

Beim Räuchern werden Fleisch und Fisch vorher auch in eine Salzlake eingelegt, weil sich dadurch das Fleisch verfestigt und es länger haltbar wird. Das lageweisen Schichten von Fleisch und Salz ist ein seit der Antike bekanntes Verfahren zur Konservierung, es wird als Trockenpökeln bezeichnet. Das Salz entzieht dem Fleisch das freie Wasser, bis zu 50%. Auf diese Weise wird es weniger anfällig gegen Keime, die Haltbarkeit wird größer. Leider verliert Fleisch beim Pökeln seine rote Farbe. Deshalb wird Pökelsalz zusätzlich der Konservierungsstoff Natriumnitrat (E251) beigemischt, was gesundheitlich nicht ganz als unbedenklich gilt.

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Ergebnis des Quellversuchs

Merke

Die meisten Keime werden durch die Hände auf die Lebensmittel übertragen.

Fleisch von gesunden Tieren ist im Inneren keimfrei.

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Hygiene

Ein Fond ist aufgrund seines hohen Anteils an gelösten Stoffen eine ideale Nährlösung für allerlei Bakterien. Keime sind überall in der Natur zu finden und deshalb auch auf und in Lebensmitteln vorhanden. Diese Tatsache alleine bedeutet noch keine große Gefahr für die Ernährung und Qualität der Produkte, da geringe Mengen von Mikroorganismen vom menschlichen Organismus toleriert werden. Eine große Bedrohung kann jedoch von bestimmten Mikroben wie etwa Salmonellen ausgehen, wenn sie eine kritische Anzahl überschritten haben. Kochen ist nicht nur ein Prozess, um Nahrung für den Menschen besser kau- und verdaubar zu machen, sondern auch um die Nahrung von einem Übermaß an gesundheitsschädlichen Keimen zu befreien. Hygiene hat etwas damit zu tun, wie viele Keime Sie Ihren Gästen letztlich zumuten.

Die meisten Keime werden durch die Hände auf die Lebensmittel übertragen. Fleisch von gesunden Tieren ist im Inneren keimfrei, Keime entstehen immer zuerst auf der Oberfläche. Eine kühle Lagerung hemmt diese in ihrem Wachstum, und Erwärmen auf hohe Temperaturen (über einen bestimmten Zeitraum) tötet sie ab. Jede Unterbrechung der Kühlkette beim Transport und Lagerung sorgt für einen Vermehrungsschub der Bakterien. Bei Zimmertemperatur verdoppelt sich die Anzahl von Bakterien etwa alle 20 min.

Keime brauchen aber auch Wasser für ihr Wachstum. Der hohe Gehalt an freiem Wasser, das heißt nicht an Proteine oder andere Moleküle relative fest gebundene Wassermoleküle, ist die Ursache für die geringe Haltbarkeit von Lebensmitteln. Durch Trocknung oder Einfrieren wird Lebensmitteln freies Wasser entzogen und diese somit haltbar gemacht. Keime haben es so schwerer, sich zu vermehren. Deshalb sind getrocknete Bohnen oder Nudeln Jahre und getrockneter Fisch viele Monate haltbar.

In der Gastronomie gilt es, eine strenge Hygieneverordnung zu beachten. Zum Beispiel müssen Putzlappen jeden Tag frisch sein, Handtücher müssen zwei mal am Tag gewechselt werden und Schwämmchen sind verboten. Auch das Ablecken des Probierlöffels ist verboten. Mit dem Löffel muss die Probe auf einen kleinen Teller gegeben und von dort verkostet werden. Ich selbst arbeite viel mit Küchenpapier und trage zum Beispiel beim Filetieren von Fleisch und Fisch Einmalhandschuhe, die man in Apotheken in einer Großpackung bekommt. Fleisch packe ich immer sofort nach dem Einkauf aus der Tüte und setze es so wie es ist in eine Edelstahlschüssel und stelle die Schüssel für 1 h offen an der untersten Stelle in den Kühlschrank. Dann erst verschließe ich die Schüssel mit Folie, oder lege einfach einen umgedrehten Teller darüber. Sollte sich das Fleisch beim Transport etwas erwärmt haben, dann verdampft sich beim Abkühlen bildendes Kondenswasser in den Kühlschrank, das Fleisch wird unter der Folie nicht feucht und "schmierig".

Merke

Die meisten Keime werden durch die Hände auf die Lebensmittel übertragen.

Den fertigen Fond sofort in verschieden große Plastikbehälter füllen. abkühlen lassen und einfrieren. Beschriften nicht vergessen.

Aufbewahren von Fonds

Vor dem Abfüllen muss der Fond noch entfettet werden, dadurch bleibt der Fond länger haltbar, auch im Gefrierschrank wird Fett mit der Zeit ranzig. Das erste Fett wird schon beim Abschöpfen nach dem Aufkochen mit dem feinen Sieb aus dem Fond entfernt. Beim Abschütten bleibt fast der ganze Rest im Leinentuch zurück, denn durch das bereits von den Proteinen "verstopfte" Gewebe fließt das Fett nicht mehr so leicht hindurch. Die allerletzten Fettaugen können dann noch mit einem Küchenpapier, das vorher in Streifen gerissen auf den Fond vorsichtig aufgelegt und sofort wieder weggenommen wird, entfernt wird. Das Fett bleibt an dem Papier haften. Ein paar Augen schaden aber auch nicht, denn Fett ist ein "Geschmacksträger".

Das Abkühlen des Fonds sollte aus hygienischen Gründe rasch erfolgen. Dabei ist zu beachten, dass "Wärme" nichtlinearen Gesetzmässigkeiten gehorcht. Das Abkühlen von 90 Grad auf 70 Grad geht wesentlich schneller als von 50 Grad auf 30 Grad, obwohl die absolute Temperaturdifferenz von 20 Grad identisch ist. Die gleiche Menge Fond in einem einzigen großen Gefäß braucht viel länger zum Abkühlen als in vielen, kleineren Gefäßen. Wenn also der ganze Fond im Topf auf der noch warmen Herdplatte auskühlt, dann steht der Fond viele Stunden in einem Temperaturbereich, der für die Vermehrung von Bakterien ideal ist. Deshalb wird in Kochbüchern manchmal empfohlen, den Fond im Topf unter fließendem kalten Wasser rasch zu kühlen. Ich denke, das ist nur notwendig, wenn dutzende Liter Fond auf einmal hergestellt werden.

Ich fülle den heißen Fond gleich nach dem Passieren und Entfetten in unterschiedlich große Plastikbehälter, die ich sofort mit dem Deckel verschließe und beschrifte. In diesen Behältern friere ich den Fond nach Auskühlen auch ein, ohne weiteres Umfüllen. Die Behälter verteile ich zum Abkühlen in der ganzen Küche, größere stelle ich, wenn sie handwarm geworden sind, zuerst in den Kühlschrank und dann in den Gefrierschrank. Dort lässt sich der Fond 3 Monate aufbewahren. Auch kann man den Fond in Twist-off Gläsern einwecken. Das geht genauso wie bei Marmelade. Die Gläser im Ofen sterilisieren, dann Fond nochmals kurz aufkochen, in die Gläser füllen, ohne den Glasrand zu verschmieren, verschließen und auf den Kopf stellen. Im Kühlschrank hält sich der Fond auch 3 Monate und ist immer ein willkommenes Mitbringsel. Einen angebrochen Fond verbrauche ich innerhalb von 3 Tagen, bei dem leisesten Anflug eines saueren Geruchs verwende ich den Fond nicht mehr.

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Einfrieren des Fonds in Plastikbehälter unterschiedlicher Größe

Verdichtung des Geschmacks

Nachdem man das Gemüse in den Ansatz gegeben hat, beginnt der Fond wunderbar zu duften. Auch in der Zeit, in der der Fond auf dem Herd zieht, breitet sich ein angenehmer Duft in der Küche aus. Düfte beim Kochen sind leider auch immer ein Anzeichen für den Verlust von Aromen. Nicht nur Wassermoleküle verdunsten, sondern auch andere, kleine Moleküle aus wenigen Atomen bestehend verlassen den Topf. Gerade diese, leicht flüchtigen Moleküle sind für die vielfältigen Aromen im Fond verantwortlich. Also, den Deckel auf den Topf! Das Wasser, das aus dem Fond nach wie vor verdunstet, kondensiert an der Innenseite des Deckels, die flüchtigen Aromen lösen sich im Kondenswasser und fallen schließlich mit den Wassertropfen zurück in den Topf.

Wenn ich das Gemüse zugegeben habe, lege ich den Deckel auf den Topf und regele die Herdplatte ziemlich weit runter (auf die kleinste, mögliche Stufe), um die Verdunstung des Wassers zu verhindern. Um ein Gefühl für die Temperatur des Fonds und richtige Einstellung des Herdes bei einem Topf mit geschlossenen Deckel zu bekommen, kann man mit dem Thermometer regelmäßig kontrollieren und je nach aktueller Wassertemperatur die Stufe der Herdplatte anpassen. Das macht am Anfang die Zubereitung etwas aufwändiger, aber wenn man die optimale Einstellung gefunden hat, dann zieht der Fond auch bei geschlossenem Deckel mit der richtigen Temperatur von 90 Grad. Ein Fond mit geschlossenem Deckel zubereitet schmeckt kräftiger, obwohl nur ein paar Milliliter Wasser verdunstet sind, im Vergleich zu einem Fond, der nach dem Grundrezept gekocht wurde und nachdem die verdunstete Wassermenge durch frisches Wasser ersetzt wurde. Probieren Sie es aus!

Ein Fond sollte mit so wenig Wasser wie gerade notwendig gekocht werden. Sie sollten in jedem Fall vermeiden, den Fond einzukochen, um den Geschmack zu konzentrieren. Auf diese Weise bilden sich Aromate, die dem Fond seinen frischen Geschmack nehmen. Dazu folgender Versuch:

Merke

Vermeiden Sie das Reduzieren von Fonds: arbeiten Sie mit Deckel und kochen Sie größere Menge Fond in zwei Etappen.

Doppelt gekochte Fonds sind aromatischer. Einkochen wird so vermieden.

Versuch

Heller Doppel-Fond aus Kalbfleisch

In diesem Versuch produzieren Sie eine ganze Menge Fond, also stellen Sie genügend Gefäße zum Einfrieren bereit und schaffen Sie Platz im Gefrierschrank!

  • 3 kg Fleisch aus der Kalbsbrust mit Brustknochen
  • 300 g Gemüse (zum Beispiel Karotte, Sellerie, Petersilienwurzel, Lauch, ungeschälte Zwiebel, alles in walnussgroße Stücke geschnitten)
  • 4 Lorbeerblätter, im Mörser gut gequetscht

Teilen Sie die Zutaten in 4 Portionen auf. Bereiten Sie aus 2 Portionen und 1,8 l Wasser einen Fond wie oben beschrieben zu. Legen Sie dabei keinen Deckel auf. Den fertigen Fond über ein feines Leinentuch abgießen und entfetten. Danach den Fond in eine Sauteuse oder weiten Topf geben und auf 1 l bei etwa 85 Grad reduzieren, was je nach Topf etwa 1 h lang dauert. In der Zwischenzeit aus einer Portion Fleisch und 1 l Wasser einen Fond mit geschlossenem Deckel zubereiten. Abgießen, entfetten und im Kühlschrank kalt werden lassen. Den Fond abmessen und die auf 1 l fehlende Flüssigkeit mit Wasser ergänzen. Aus der letzten Portion und dem kalten Fond erneut einen Fond kochen, dabei wieder den Deckel auflegen. Und wenn Sie schon am Experimentieren sind: kochen Sie am zweiten Tag aus den bereits ausgekochten Fleischstücken mit frischem Wasser nochmals einen Fond. Sie werden sehen, dass daraus nichts mehr zu holen ist, scheuen Sie sich also nicht, das Fleisch wegzuwerfen.

Im Versuch wurden aus der jeweils gleichen Menge Fleisch und Gemüse auf zwei verschiedene Arten 1 l Fond hergestellt. In der ersten Rezeptur wurde der Fond in einem Rutsch gekocht und dann auf die gewünschte Menge reduziert. Dabei verdichten sich der Geschmack und die Aromen, es gehen aber durch das Eindampfen Aromate verloren. Im zweiten Verfahren ist fast keine Flüssigkeit verdampft, das Fleisch wurde in zwei Portionen zugefügt und nur mit der gewünschten Menge an Flüssigkeit gearbeitet. Der doppelt gekochte Fond ist dabei wesentlich schmackhafter geworden.

Im Allgemeinen ist es immer besser mit weniger Wasser zu arbeiten als im Nachhinein überschüssiges Wasser wieder zu entziehen und die Aromen dabei in der Küche zu verteilen. Wenn Sie zu Hause Fonds auf Vorrat kochen, planen Sie dafür zwei Tagen ein und kochen gleich die doppelte Menge. Zuerst bereiten Sie mit der Hälfte der Zutaten eine ersten Fond zu, den Sie dann am zweiten Tag (nach dem Erkalten) mit der zweiten Hälfte der Zutaten zu einem Doppel-Fond veredeln.

Merke

Ein Stück Muskelfleisch durch den Fleischwolf gedreht wirkt als sehr effektiver Proteinfilter: der Fond wird dadurch glasklar und sehr aromatisch.

Klären eines Fonds

Ein heller Fond wird eigentlich schon sehr klar. Die meisten der denaturierten Proteine sammeln sich als Proteinschaum oder verfangen sich, wie man deutlich an den ausgekochten Fleischstücken sehen kann, an den Proteinen, die noch an der Fleischoberfläche haften und fangen von dort aus im Wasser weitere, gelöste Proteine auf. Sie können aber noch einen Schritt weitergehen und für höchste Ansprüche noch die allerletzten mikroskopischen Eintrübungen entfernen!

In der Lebensmittelindustrie werden Flüssigkeiten in der Regel mechanisch von kleinsten Schwebeteilchen und Verunreinigung befreit. Es gibt sehr effektive Filter, die im Vergleich zu einem Sieb feine Poren mit einem Durchmesser von Bruchteilen eines Millimeters haben. Ein Unterdruck im Auffanggefäß sorgt dafür, dass die Flüssigkeit durch die Poren "gesogen" wird. Auch das langsame Auftauen eines eingefrorenen Fonds wirkt klärend. Wenn Sie den Fond in einem flachen Gefäss einfrieren und dann umgedreht auf einem Handtuch über einer Schüssel bei Zimmertemperatur wieder auftauen und dabei keinerlei Druck ausüben, tropft eine glasklare Flüssigkeit ab. Ein feines Sieb, in dem sich die noch verbliebenen Schwebeteilchen verfangen, lässt sich auch aus den entfalteten Proteinketten selbst bauen. Dazu müssen lediglich ausreichend Proteinfäden in den Fond gelangen, die sich nach und nach zu einer Art "Proteinschwamm" verkleben. Die Umwälzung, angetrieben durch Konvektion und Diffusion, sorgt dann dafür, dass alle Teilchen nach und nach durch den Schwamm wandern und sich nach und nach darin verfangen. Zum Schluss muss lediglich der Proteinschwamm entfernt werden, ein glasklarer Fond bleibt zurück.

Doch wie kann sich so ein Proteinfilter selbst bauen? Ganz einfach, indem man ein "schieres" Stück Fleisch, also Fleisch aus Muskelpartien mit wenig Bindegewebe und Fett, durch einen Fleischwolf dreht. Dadurch vergrößert sich die Oberfläche um ein Vielfaches. Das Fleisch selbst wirkt wie ein Proteinsieb und filtert selbst feinste Trübstoffe aus dem Fond heraus. Der Fond wird glasklar und durch die zusätzliche Portion Fleisch sehr aromatisch, er wird zu einer Consommé, oder zu einem "Tee", wie er auf Speisekarten oft treffend bezeichnet wird.

Peter Barham beschreibt in seinen "letzten Geheimnissen" ein Experiment, das auf einem ganz ähnlichen Prinzip beruht. Als Filter wirken dabei die Eiweiße des Eiklars. Von 700 ml Fond werden 100 ml abgegossen und mit 2 Eiklar leicht verschlagen, dann zusammen mit dem restlichen Fond in eine Flasche gefüllt und aufrecht für 1 Tag in den Kühlschrank gestellt. Dann sollte sich im oberen Teil der Flasche ein klarer Fond gebildet haben. Die Schwebeteilchen sind durch das Netz von Eiklar diffundiert und festgehalten worden und das Netz selbst hat sich aufgrund der Schwerkraft zusätzlich langsam nach unten bewegt und dabei weitere Teilchen aus der Flüssigkeit "gefischt".

Zum Klären eines Fonds findet man in Kochbüchern in der Regel eine Standardrezeptur, die Fleisch und Eiklar verwendet. Hier hat das Eiklar eine andere Aufgabe. Es hält nach dem Aufkochen die denaturierten Fleischstückchen besser zusammen, an der Oberfläche bildet sich so ein loser, lockerer Fleischschwamm, der den Fond nach und nach filtert. Es geht aber auch ganz ohne Eiklar, wenn Sie den Fond nicht rasch aufheizen, sondern ihn langsam erwärmen und ihn nach dem Aufkochen nur Ziehen lassen. Kommt Ihnen das bekannt vor?

Rezept

Klären

  • 400 g mageres Muskelfleisch
  • 50 g Zwiebeln
  • 1,5 l Fond

Fleisch und Zwiebel stückig schneiden, erst durch die grobe, dann durch die feine Scheibe des Fleischwolfes drehen und in einen hohen Topf geben. Den Fond aufgießen. In etwa 90 min auf knapp 100 Grad erwärmen, den Fond aber nicht aufkochen lassen. Alle 5 min vorsichtig umrühren, damit das Fleisch nicht am Topfboden festklebt. Den Topf vom Herd nehmen und ihn dann noch 30 min bei etwa 90 Grad ziehen lassen. Den Fleischkuchen größtenteils mit einer Schaumkelle entfernen, dann vorsichtig über ein mit einem Passiertuch ausgelegten Spitzsieb abgießen.

Der Fleischkuchen sieht zugegebenermaßen nicht sehr appetitlich aus, aber er wirkt als ein sehr effektiver Filter für die Trübstoffe. Nehmen Sie immer den Topf mit dem kleinsten Durchmesser, in den der Fond gerade noch hinein passt. Je kleiner der Durchmesser ist, desto dicker und effektiver wird der Fleischkuchen und desto effektiver ist die Filterung. Erhitzen Sie auch nicht auf zu großer Stufe. Sonst backt das Fleisch am Topfboden fest. Verwenden Sie zum Klären die gleiche Fleischsorte, mit der Sie auch den Fond hergestellt haben. Zum Beispiel können Sie für eine Enten- oder Wildconsommé eine Entenbrust verwenden.

Vorsicht ist jedoch mit aller Art von Einlagen geboten, falls die Consommé als "Tee" verwendet werden soll. Damit die Consommé nicht durch das Garen oder Erwärmen der Einlage erneut "verunreinigt" wird, muss die Einlage immer getrennt zubereitet oder erwärmt werden. Zum Beispiel verlieren stärkehaltige Lebensmittel beim Garziehen in der Consommé immer etwas Stärke, das die Consommé unansehnlich macht. Es ist besser, erst beim Anrichten die Consommé über die fertig gegarte Einlage zu geben.

Versuch

Weitere Fond-Experimente

Woher letztlich der Geschmack in einem Fond kommt und wie man ihn mit Wissen aus Physik und Chemie verbessern kann, ist nicht vollständig verstanden. Es gibt einfach (noch) kein hinreichend komplexes und gleichzeitig einfaches Modell, um genau vorhersagen zu können, wie sich über die Zeit der Geschmack abhängig von der Zubereitungsmethode und Zutaten in einem Fond entwickelt und ob Geschmacksveränderungen tatsächlich auch als "wohlschmeckender" empfunden werden. Wenn Sie Lust zum Experimentieren haben sollten, möchte ich an dieser Stelle noch einige Anregungen geben.

Man könnte meinen, dass ein Fond mehr Geschmack bekommt, wenn die Fleischstücke klein sind, denn kleinere Stücke können aufgrund der kürzeren Transportwege besser diffundiert werden. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen allerdings, dass die Größe der Stücke keinen Einfluss auf den Geschmack eines Fonds hat. Man hätte ein Huhn auch im Ganzen für eine Ansatz nehmen können. Allerdings ist die Fleischoberfläche bei kleinen Stücken grösser. Dadurch treten mehr Proteine aus, die den Fond stärker eintrüben, andererseits ist aber auch die aktive Filteroberfläche, die die gerinnenden Proteine wieder einfängt, vergrössert. Warum also nicht das Fleisch durch einen Fleischwolf drehen und den Fond aus Hackfleisch zubereiten? Dadurch sollte der Fond besonders klar werden.

Das extreme Zerkleinern hat noch einen weiteren Vorteil. Die Fleischschnipsel "stapeln" sich im Topf viel besser, man kommt mit weniger Wasser aus. Der Fond wird so kräftiger, ohne ihn später einreduzieren zu müssen, was zwangsläufig zu einem Verlust von flüchtigen Aromamolekülen führen würde. Insbesondere bei dunklen Fonds, deren Zubereitung ich später noch erkläre, wird die Oberfläche, die zum Anbräunen zur Verfügung steht, extrem vergrössert, was wiederum zu mehr Röststoffen und damit zu Geschmack ohne nachträgliches Einkochen führt.

Also warum nicht folgendes Experiment durchführen: aus den gleichen Zutaten zwei Fonds kochen, einmal konventionell und einmal nach der Art des Klärens. Was lässt sich hinsichtlich Geschmack und Trübung feststellen? Um das Verhältnis von Fleisch und Wasser im Ansatz zu optimieren, schlage ich folgenden Versuch vor: Kalbfleisch durch den Fleischwolf drehen, Gemüse in dünne Scheiben hobeln und mit dem Fleisch mischen. Dann in Einmachgläser (750 ml) mit einem Lorbeerblatt geben, mit jeweils unterschiedlich viel kaltem Wasser auffüllen, mit einer Gabel das Wasser in das Fleisch einarbeiten und die Gläser mit dem Deckel verschliessen. Backofen auf 120 Grad vorheizen und Gläser 4 h lang auf die unterste Schiene des Backofens stellen, bis kleine Blasen in den Gläsern aufsteigen, dann die Temperatur auf 100-110 Grad reduzieren, der Fleischkuchen soll gegen Ende der Garzeit auf den Boden des Glases sinken. Ich habe festgestellt, dass Fonds im Verhältnis von 2 Teilen Fleisch und 1 Teil Wasser sehr intensiv werden und angenehm säuerlich schmecken.

Haben Sie immer noch Lust zu experimentieren? Ich habe schon gelesen (ohne Erlärung), dass ein Hühnerfond einen besseren Geschmack bekomme, wenn man die Fleischteile vorher kurz blanchiere. Eine Hypothese, die sich leicht verifizieren ließe. Fonds können auch im Schnellkochtopf zubereitet werden. Das Fleisch und Gemüse wird bei Temperaturen um 120 Grad ausgelaugt ohne dass das Wasser dabei heftig sprudelt. Alle chemischen Prozesse laufen schneller ab. Auch ein schönes Experiment!

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Fonds aus Kalbshack und unterschiedlichen Anteilen an Wasser, die im Ofen bei 120 Grad zubereitet werden. Sehr einfach.

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Der Fleischkuchen, der nach dem Auskochen übrig bleibt. Er ist sehr porös und fällt leicht auseinander.

Merke

Im Gegensatz zu tierischen Zellen werden pflanzliche Zellen durch eine faserige, harte Zellwand geschützt.

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Zellen

Tierische und pflanzliche Nahrungsmittel bestehen zwar aus Molekülen, sie bilden jedoch weitere, komplexere Strukturen und hierarchische Organisationseinheiten. Die nach den Molekülen nächst größere Einheit ist die Zelle mit ihren Organellen und damit alle biochemischen Vorgänge, die mit dem Zellstoffwechsel in Verbindung stehen.

Tierische Zellen sind von einer dünnen Zellmembran umgeben, die die Zelle von der Umgebung gleichzeitig trennt und verbindet. Die Membran ist nicht stabil, sie ist eher "fließend" und besteht aus einer doppelten Schicht aus Fettmolekülen und Proteinen. Kleinere Moleküle, wie Kohlendioxid und Harnstoff können frei durch die Membran hindurch diffundieren. Um größere und polarisierte Moleküle wie Wasser, Ionen oder Einfachzucker in die Zelle hinein oder heraus zu schleusen, sind in der Membran so genannte Transportproteine eingelagert. Man spricht deshalb auch von einer semipermeablen Membran. Eine Muskelfaser zum Beispiel ist eine einzige, fadenförmige vielkernige Zelle mit einem Durchmesser von bis zu 0,1 mm, die durch die Verschmelzung mehrere Zellen entsteht. Eine Muskelfaser erstreckt sich häufig über die gesamte Länge eines Muskels und kann so bis zu 30 cm lang werden. Im Muskel sind die Fasern mehrfach in Bündel zusammengefasst und jeweils mit einer robusten Hülle aus Bindegewebe umgeben.

Im Gegensatz zu tierischen Zellen werden pflanzliche Zellen durch eine faserige, harte Zellwand geschützt. Diese besteht zu etwa 50% aus Zellulose, einem Kohlenhydrat, das sich nicht in Wasser löst noch aufquellt. Wenn man bedenkt, dass Gemüse zu 90% und mehr aus Wasser besteht, dann kann man sich vorstellen, wie widerstandsfähig das Zellulosegerüst ist.

Beim Kochen werden die Zellen irreversibel beschädigt. Beim Blanchieren in kochendem Wasser dauert es nicht lange, bis die Proteine der Zellen denaturiert und damit zerstört sind, insbesondere die Proteine der Membranen und Zellwände. Dadurch wird ihre Durchlässigkeit erhöht. Bei hohen Temperaturen bewegen sich die Wassermoleküle so schnell, dass sie ohne große Mühe die Zellen verlassen können, die Zellen dehydrieren. Grundsätzlich betrachtet schwächt Kochen die Zellstruktur. Fleisch wird durch Kochen weich und kaubar, Inhaltstoffe werden freigesetzt und reagieren zu neuen Verbindungen. Jedoch behält Fleisch seine makroskopische Struktur. Ein Stück Fleisch ist nach dem Kochen als solches wieder zu erkennen, selbst einzelne Muskelfasern behalten ihre Form. Aus diesem Grund kann Kochen am besten durch die chemischen Eigenschaften der einzelne Moleküle wie Fette, Zucker, Kohlenhydrate und Proteine und ihre Wechselwirkung verstanden werden.

Merke

Fischfond darf nur kurz ziehen, damit die ungesättigten Fettsäuren nicht oxidieren.

Fond aus Fischen

Die Zubereitung von Fischfonds unterscheidet sich nicht wesentlich von der Zubereitung von Fleischfonds. Allerdings sollte ein Fischfond nicht länger als 20 min ziehen. Die empfindlichen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren des Fisches oxidieren bei den Temperatur im Topf. Schon nach kurzer Kochzeit schmeckt der Fond "fischig" und tranig. Auch langes Einreduzieren von Fischfonds ist nicht angeraten. Aus diesem Grund können Fischfonds auch Sous Vide zubereitet werden. Nehmen Sie genügend Fischgräten oder füllen Sie nur mit entsprechend wenig Wasser auf, so wird der Fond kräftig und er bekommt einen guten Stand, im Kühlschrank wird er leicht gelieren.

Rezept

Fischfond

  • 500 g Fischgräten und Abgänge (vom Filetieren)
  • 2 Schalotten
  • 50 g Lauch (nur der weiße Teil)
  • 50 g Stangensellerie
  • 50 g Fenchelknolle
  • 50 g Champignons
  • 1 Lorbeerblatt (im Mörser gut quetschen)
  • 1 Anisstern

Die Fischgräten gut säubern, von Köpfen die Kiemen entfernen. Mit einer Küchenschere die Gräten in kleine Teile schneiden. Die Karkassen 20 min in eiskaltem Wasser wässern, Wasser 2-3 mal wechseln. Das Wasser sollte am Ende völlig klar sein. Dann die Karkassen abtropfen lassen. Gemüse klein schneiden und zu den Karkassen in einen Topf geben. Knapp mit Wasser bedecken. In 45 min auf 95 Grad erwärmen, abschäumen und auf dem ausgeschalteten Herd noch 15 min ziehen lassen. Dann durch ein mit einem Tuch ausgelegtem Sieb passieren.

Der Fond sollte sehr klar sein und keinesfalls "fischig" schmecken. Fischgräten sind keine Abfälle, behandeln Sie sie so, wie den übrigen Fisch auch. Also, gut kühlen und darauf achten, dass der Fischhändler auch mit den Gräten pfleglich umgeht. Aus "gammeligen" Gräten bekommt man keinen guten Fond. Am besten eignen sich Gräten von Plattfischen wie Steinbutt, Scholle und Seezunge. Alles Fische, die teuer sind und meistens am Stück verkauft werden. Sie werden Mühe haben, beim Fischhändler solche "edlen" Gräten zu bekommen. Auch wenn Sie nur einen Fisch kaufen, ziehen Sie unbedingt aus der Karkasse einen kleinen Fond. Natürlich sind auch die Gräten von Kabeljau und Seeteufel für einen Fond gut genug, verwenden Sie aber keine Köpfe. Lachs, Heilbutt oder andere fettreiche Fische eignen sich nicht. Ihr Fond wird durch den hohen Fettgehalt schnell tranig. Schneiden Sie die Gräten in kleine Teile, damit die Packungsdichte im Topf groß wird und Sie mit wenig Wasser auskommen.

Probieren Sie auch einmal folgende Variante. Schwitzen Sie alle Zutaten in 2 EL Butter 10 min leicht an, löschen Sie zusätzlich mit 100 ml Weißwein ab und lassen Sie den Ansatz im Kühlschrank auskühlen, bevor Sie ihn mit Wasser bedecken und wie im Rezept oben weiter verarbeiten. Der Fond wird so kräftiger, aber auch trübe, die bereits gegarten Eiweiße entfalten keine "Siebwirkung" mehr. Natürlich können Sie den Fischfond auch nachträglich klären. Für 1 l Fond brauchen Sie 200 g eiweißreiches Fischfilet (zum Beispiel Zander). Die Zubereitung ist die gleiche wie bei einem Klärfond für Fleisch. Sie brauchen den Fond aber nicht mehr ziehen lassen, wenn sich der Schwamm gebildet hat.

Ein berühmtes Fischrezept, das auch auf der Basis eines Fischfonds zubereitet wird, ist die Bouillabaise. Im Prinzip besteht eine Bouillabaise aus Mittelmeerfischen, genauer aus so genannten Felsenfischen wie zum Beispiel Drachenkopf, Knurrhahn, Barbe, Meeraal und Petersfisch, die man hier zu Lande leider selten bekommt. Aus den Gräten wird ein Fond gekocht, in dem die Filets der Fische dann pochiert werden. Kleinere Exemplare werden nicht einmal ausgenommen, sie wandern komplett in den Topf. Die Fischgräten werden zuerst gedünstet, dann kommt das Gemüse hinzu. Der Sud kocht 20 min, dann sind Fische und Gräten zerfallen. Der fertige Sud wird allerdings nicht passiert, sondern durch ein Sieb (oder eine Flotte Lotte) gequetscht. Ziemlich trüb das Ergebnis, aber sehr geschmackvoll.