Festival: Kino Varieté

11. bis 12. Nov 2017

Film, Musik und Bühnenshow!

Nach dem überwältigenden Erfolg in der Spielzeit 2015/16 gehen die Komische Oper Berlin und ZDF/arte mit dem Festival Kino Varieté in die nächste Runde. An zwei Abenden wird der Stummfilm so präsentiert, wie er das große Publikum zu Beginn des 20. Jahrhunderts in die Kinos zog: als wilder, revueartiger Mix aus Wochenschauen, kurzen Reisedokumentationen, Werbe- und Kulturfilmen, live dargebotenen Tanz-, Gesangs- und Musikeinlagen und einem ca. 70-minütigen Hauptfilm. Die beiden Abende orientieren sich in ihrer Dramaturgie an den heute mitunter kurios wirkenden Abfolgen der damaligen Kino-Revuen und versetzen sie zugleich durch neukomponierte Filmmusiken und Liveauftritte von Künstler*innen der Komischen Oper Berlin ins Heute. Stummfilmkino als lebende Juke-Box!
© Deutsches Filminstitut - DIF e. V.
© Deutsches Filminstitut - DIF e. V.

Voyage Oriental

Die Abenteuer des Prinzen Achmed
(Deutschland 1926)
Samstag, 11. Nov 2017, 19:30 Uhr

»Voyage Oriental« lädt ein zu einer Zeitreise und erzählt von einem nicht selten naiven, oft kolonialistischen, gleichzeitig aber auch schwärmerischen und neugierigen Blick des Westens auf den Orient. Von dieser Orientfaszination erzählt der Abend. Vor dem Hauptfilm Die Abenteuer des Prinzen Achmed (1926) mit der historischen Originalmusik von Wolfgang Zeller läuft eine Auswahl kürzerer Orientfilme aus den Jahren 1906 bis 1926: frühe handkolorierte Filme aus Frankreich, deutsche Wochenschauberichte aus dem fernen Osten und A Harem Hero als witziger Slapstick aus den USA. Dazu und dazwischen: Tanz, Gesang und Musik – okzidental-orientalische Klänge, neu komponiert von Studierenden der Zürcher Kunsthochschule und präsentiert vom neu gegründeten deutsch-türkischen Ensemble Interkom.

Musik zu den Kurzfilmen und Live Acts: Studierende der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) Projektleitung: Olav Lervik

Vorprogramm

Film: Le Sorcier Arabe (Der arabische Zauberer)
F 1906, Länge: 3 min, handkoloriert
Regie: Segundo de Chomon – Sammlung: Lobster Films, Paris
Musik: Joel Schoch (Zürcher Hochschule der Künste)
 
Musik: Ouverture Orientale
Komposition: Moritz Widrig (Zürcher Hochschule der Künste)
 
Film: Deulig-Woche
D 1925, Länge: 9 min, schwarz/weiß
aus Deulig-Wochenschauen – Sammlung: Bundesarchiv-Filmarchiv Berlin
Musik: Jan Kohl (Zürcher Hochschule der Künste)
 
Show: Dancing with a Snake
Tanz: Xenia (Janine Havemann)
Musik: Xenia Wiener (Zürcher Hochschule der Künste)
 
Film: Ali Baba et les 40 Voleurs (Ali Baba und die 40 Räuber)
F 1907, Länge: 9 min, handkoloriert
Regie: Ferdinand Zecca – Sammlung: Lobster Films, Paris
Musik: Joachim Flüeler (Zürcher Hochschule der Künste)
 
Musik: Tiridine Bandım - Türkische Lieder
»Ali Baba her gece aç yattı« aus dem Film Ali Baba ve Kirk Haramiler
Kara Sevda
Tiridine Bandım
Arrangements: Joel Schoch und David Hohl (Zürcher Hochschule der Künste)
Mit Önay Köse, Bass
 
Film: A Harem Hero (Henkie im Harem)
USA 1919, Länge: 12 min, schwarz/weiß
Regie: Herman C. Raymaker – Sammlung: Eye Film Institute, Amsterdam
Musik: Luca Magni (Zürcher Hochschule der Künste)
 
Show: Beludschistan aus Ball im Savoy
Musik: Paul Abraham
Arrangement: Dominic Röthlisberger (Zürcher Hochschule der Künste)
Choreographie: Otto Pichler
Mit Günter Papendell (Bariton), Mirka Wagner (Sopran) und Alessandra Bizzarri, Luisa Mancarella, Sara Pamploni, Eleonora Talamini, Paul Gerritsen, Marcell Prét, Robin Poell, Christoph Jonas (Tanz)

Film: Das Geheimnis der Marquise (Nivea-Werbefilm)
D 1922, Länge: 2 min, schwarz/weiß
Regie: Lotte Reiniger – Sammlung: Deutsches Filmmuseum Frankfurt
Musik: David Hohl (Zürcher Hochschule der Künste)

Hauptfilm: Die Abenteuer des Prinzen Achmed

D 1926, Länge: 66 min, viragiert
Drehbuch, Regie und Animation: Lotte Reiniger - Sammlung: Deutsches Filmmuseum Frankfurt
Musik: Wolfgang Zeller (1926), bearbeitet von Jens Schubbe

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Dieser aufwändig gestaltete Silhouettenfilm nach Motiven aus 1001 Nacht gilt als erster abendfüllender Animationsfilm der Filmgeschichte: Prinz Achmed geht mit seinem fliegenden Pferd auf Abenteuerreise und verliebt sich in Prinzessin Peri Banu. Um ihr Herz zu gewinnen, muss er viele Aufgaben meistern, bei denen er auf die Hilfe einer guten Hexe zählen darf.
Der Film entstand im Laufe von drei Jahren in Einzelbildaufnahmen am Tricktisch. Lotte Reiniger hatte ihn zusammen mit ihrem späteren Ehemann Carl Koch entwickelt. Zu ihrem Team gehörte auch der Pionier des deutschen Animationsfilms, Walter Ruttmann. Zu sehen ist der Film in den historischen Einfärbungen, wie sie sich in einer Kopie im British Film Institute erhalten haben.

Besetzung

Musikalische Leitung:
Frank Strobel

Ensemble Interkom
Daniela Braun (Violine), Arnulf Ballhorn (Kontrabass), Valentina Bellanova (Ney), Özgür Ersoy (Duduk), Torsten Näther (Fagott), Matthias Kamps (Trompete), Iñaki Ducun (Posaune), Marc Mödig (Schlagzeug), Ömer-Kaan Özdağ (Kanun)

Komposition und Bearbeitung der Musiken im
Vorprogramm:
Studierende der Zürcher Hochschule
der Künste, Projektleitung: Olav Lervik

Szenische Einrichtung: Julia Huebner
Konzeption und Produktionsleitung: Nina Goslar,
Ulrich Lenz, Rainer Simon

Im Anschluss – Party mit DJ Yuriy Gurzhy

(ab ca. 22:30 Uhr)

Yuriy Gurzhy kommt aus der Ukraine und lebt seit 1996 in Berlin. Er ist Musiker, DJ, Produzent und Radiomoderator. Einen Namen machte er sich mit dem Projekt Russendisko, das er im Jahr 2000 gemeinsam mit Wladimir Kaminer initiierte. Sein musikalisches Interesse liegtin der Vermischung von verschiedenen osteuropäischen Volksmusikrichtungen und modernen Musikgenres. Er hat mehrere CD-Compilations (Russendisko Hits, ShtetlSuperstars, Revolution Disco, Borsh Division) zusammengestellt und spielt in den Bands RotFront und The Disorientalists.
© Deutsches Filminstitut - DIF e. V.
© Deutsches Filminstitut - DIF e. V.

Roter Rummel

Arsenal (Ukraine 1929)
Sonntag, 12. Nov 2017, 19:30 Uhr

»Roter Rummel« – der Titel ist einer Agit-Prop-Revue von Erwin Piscator entlehnt – erinnert an die Oktoberrevolution als Impulsgeber für die russische Kunstszene, die der politischen Revolution eine radikale künstlerische Revolution folgen ließ. Das Programm lässt den Zeitgeist der jungen Sowjetunion erleben, der zu Beginn der 1920er Jahre noch stark von Dada, Futurismus und Konstruktivmus geprägt war, bevor die Kunstproduktion gewaltsam auf eine biedere Parteilinie getrimmt wurde. So erzählt der Eröffnungsfilm Interplanetarische Revolution vom Export der Revolution auf den Mars, Dziga Vertovs Kino-Pravda feiert die Macht des Faktischen und last but not least überrascht Sergei Eisenstein mit der surrealistischen Groteske Glumows Tagebuch. Und drumherum: sowjet-russische Musik der 1920er Jahre und Neukomponiertes aus den Federn von Studierenden der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin. Exzentriker aller Länder, vereinigt euch!

Musik zum gesamten Vorprogramm:
Studierende der Hochschule für Musik Hanns Eisler, Berlin (HfM Berlin)
Projektleitung: Prof. Jörg Mainka, Prof. Maria Baptist, Prof. Benjamin Lang

Symposium

14 Uhr

Die Russische Revolution und ihre Folgen in Kunst und Gesellschaft
Ein Symposium des Deutschen Historischen Museums und der Komischen Oper Berlin

Das Symposium beleuchtet unterschiedliche Dimensionen der Russischen Revolution, die sich in diesem Jahr zum 100. Mal jährt: Wie lässt sich die Revolution in Grundzügen skizzieren? Welche Auswirkungen hatten die politischen Umwälzungen auf die russische Gesellschaft, ja auf die gesamte Welt? Inwiefern haben sie die Kunst beeinflusst? Wie wurden sie in Film und Musik reflektiert? Und inwiefern finden sich ihre Spuren in unserer Gegenwart wieder? Diesen und weiteren Fragen gehen verschiedene Vorträge und Diskussionen nach.
 
14 Uhr
Grußwort

14:15 Uhr
Die Russische Revolution – eine Einführung
Dr. Kristiane Janeke, Osteuropahistorikerin, Berlin, Kuratorin der Ausstellung «1917. Revolution. Russland und Europa» im Deutschen Historische  Museum

14:45 Uhr
Filmpoet im Dienste des Staates − Oleksandr Dowschenko und sein revolutionäres Filmepos Arsenal (1929)
Dr. Alexander Schwarz, Filmhistoriker, München

15:15 Uhr
MUSIK-ARSENAL 
Gedanken zur Epoche der Arsenal-Verfilmung von Oleksandr Dowschenko
Tatjana Rexrodt, Musikwissenschaftlerin, Berlin

KAFFEEPAUSE

16 Uhr
Die Grenzen der »Rechte«. Der Umgang des jungen Sowjetstaates mit den nicht-russischen Nationalitäten
Prof. Dr. Frank Golczewski, Osteuropahistoriker, Hamburg

16:30 Uhr
Die Russische Revolution – Folgen und Wirkungen
Dr. Arnulf Scriba, Historiker, Deutsches Historisches Museum, Berlin

17 Uhr
Kreml, Krim und Kunst – Die Situation von Kulturschaffenden in Russland
und der Ukraine heute Diskussion mit Sergej Newski (Komponist) und Yuriy Gurzhy (DJ); Moderation: Moritz Gathmann (Journalist)

Vorprogramm

Musik, Intro: Die Eisengießerei (1926-28)
Komposition: Alexander W. Mossolow, arrangiert von Michael Essl (Hochschule für Musik »Hanns Eisler« Berlin)
 
Film: Meschplanetnaja Rewoljuzija (Interplanetarische Revolution)
UdSSR 1924, Länge: 8 min, Zeichentrickfilm, schwarz/weiß
Regie: Senon Kommissarenko, Juri Merkulow, Nikolai Chodatajew
Quelle: Staatliches Russisches Filmarchiv Gosfilmofond
Musik: Michael Essl (Hochschule für Musik »Hanns Eisler« Berlin)

Show: An das Jahr 1917
Kinderchor der Komischen Oper Berlin, Leitung: Dagmar Fiebach
Musik: Hisato Tsuji (Hochschule für Musik »Hanns Eisler« Berlin)
 
Film: Kino-Prawda Nr. 13 (Gestern, heute, morgen)
UdSSR 1923, Länge: 20 min, schwarz/weiß
Regie: Dziga Vertov – Quelle: Staatliches Russisches Filmarchiv Gosfilmofond
Musik. Ruben Giannotti, Constantin Stimmer/Sebastian Vötterl (HfM Berlin)
 
Show: V doline molodjozhi
Darsteller: Tiago Alexandre Fonseca
Musik: Ruben Giannotti (Hochschule für Musik »Hanns Eisler« Berlin)
 
Film: Dnevnik Glumova (Glumovs Tagebuch)
UdSSR 1923, Länge: 6 min, schwarz/weiß
Regie: Sergej Eisenstein – Quelle: Filmmuseum München
Musik: Lin Zhang (Hochschule für Musik »Hanns Eisler« Berlin)

Finale
Suite für Varieté-Orchester - VIII. Finale (Allegro moderato)
Komposition: Dmitri D. Schostakowitsch, Arrangiert von Constantin Stimmer (Hochschule für Musik »Hanns Eisler« Berlin)

Hauptfilm: Arsenal

UdSSR 1929, Länge: 90 min, schwarz/weiß
Regie: Oleksandr Dowschenko – Kopie: Österreichisches Filmmuseum
Musik: Aleksandr Grebtschenko (2017)

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Arsenal heroisiert den Aufstand der Arbeiter in der Kiewer Waffenfabrik »Arsenal«. Dieser Aufstand fand real im Januar 1918 statt und war Teil der bolschewistischen Strategie, die vom Osten anrückende Rote Armee zu unterstützen. Der Aufstand wurde von der ukrainischen Nationalarmee blutig niedergeschlagen.
Regisseur Aleksandr Dowshenko, selbst Ukrainer, schildert die leidvolle Geschichte seines Landes während des 1. Weltkriegs, der nach 1918 in einen Bürgerkrieg und in den bis 1921 dauernden ukrainisch-sowjetischen Krieg überging. Der Film veranschaulicht historische Vorgänge durch die Montage dokumentarischer Kontrastbilder. Rhythmus des Films und Rhythmus der Revolution interagieren und erschließen neue Wahrnehmungs- und Handlungsräume. Von heute aus gesehen, wirkt der 1929 entstandene Film ausgesprochen experimentell und ist eines der schönsten Beispiele der avancierten sowjetrussischen Filmkunst, die spätestens Ende der 1920er unter das Diktat des sozialistischen Realismus fiel und gnadenlos eliminiert wurde.

Premiere der digital restaurierten Fassung aus dem Österreichischen Filmmuseum

Besetzung

Der Kino-Varieté-Abend »Roter Rummel« wird vom Orchester der Komischen Oper Berlin unter der Leitung des international renommierten Filmmusik-Dirigenten, Frank Strobel, begleitet!

In Kooperation mit