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Mildred Scheel – der Star der Stars

Der Star des Abends: Mildred Scheel erhält den BAMBI aus den Händen von Senator Franz Burda.

Der Star des Abends: Mildred Scheel erhält den BAMBI aus den Händen von Senator Franz Burda.

Sieben Minuten nachdem er aus den Händen von Ellen Kessler einen BAMBI erhalten hatte, wurde Weltstar Yves Montand bleich. Irritiert betrachtete er sein goldenes Reh und zeigte es seiner Tischnachbarin Catherine Deneuve, die mit ihm zusammen für den Film „Die schönen Wilden“ ausgezeichnet wurde. Deneuve blickte auf den Sockel und las lachend vor: „Für Dr. Mildred Scheel.“ Nur Montand lachte nicht. Zum einen wusste er nicht, wer Mildred Scheel war, zum anderen dachte er an den Alptraum jedes Preisträgers – am Ende zu erfahren, dass alles ein großer Irrtum war. Natürlich blieb Montand dieser Alptraum bei der BAMBI-Verleihung für das Jahr 1975 erspart. Der ebenfalls mit dem BAMBI ausgezeichnete Fernsehjournalist Friedrich Nowottny klärte Montand auf, dass es sich bei „Dr. Mildred“ um die Ehefrau des deutschen Bundespräsidenten handelte. Erleichtert eilte Montand durch den Saal und tauschte mit Scheel die BAMBIS. Mildred Scheel nahm die Verwechslung mit Charme zur Kenntnis: „Das passiert mir ausgerechnet bei meinem Lieblingsschauspieler.“ Trotz dieser Panne – Mildred Scheel war der Star des Abends. Am Schluss der Gala im Münchner Nobelhotel »Bayrischer Hof« überreichte Senator Franz Burda der Bundespräsidentengattin den Sonder-BAMBI für die größte Fernsehshow im Jahre 1975 und bedankte sich bei ihr für ihren großen Einsatz im Dienste der Deutschen Krebshilfe. Bei der Show „Treffpunkt Herz“ kamen 2.240.000 Mark für die Krebshilfe zusammen (Einschaltquote über 70 Prozent). Mit Blick auf das goldene Reh sagte Scheel: „Es wäre schön, wenn dieser BAMBI aus purem Gold wäre, denn ich brauche viel, viel Geld.“ Sie kündigte an, den BAMBI für die Deutsche Krebshilfe meistbietend zu versteigern. Die Boulevard-Presse interessierte sich derweil weniger für soziales Engagement, sondern mehr dafür, dass Mildred Scheel ihren BAMBI fallen ließ – und zwar ausgerechnet in den Aschenbecher ihres Tischnachbarn Franz-Josef Strauß (CSU-Chef). Dieser nahm es offensichtlich mit Humor und signierte die zerbrochenen Porzellanteile! Die seriöse „Zeit“ indes beschäftigte die wie so oft viel diskutierte Ansprache von Senator Franz Burda und machte sich in ihrer Berichterstattung Sorgen um die Stimmung der BAMBI-Gäste: „Burda, bekannt für seine Reden, war drauf und dran, den illustren Gästen die Gala zu verderben, mit dem Hinweis, auch einige von ihnen werde der Krebs nicht verschonen.“

Jung-Schauspieler Michael Douglas (BAMBI für die TV-Serie »Die Straßen von San Francisco «) zeigte sich wenig berührt von Burdas Rede, denn er hatte selbst alle Hände voll zu tun – weil er sich standhaft weigerte, diverse Topmodels auf seinen Schoß zu nehmen. Vielleicht hätte er diese Angebote annehmen sollen, denn später beklagte sich Douglas: „Wenn ich ein hübsches junges Mädchen sehe, tanzt es meist mit einem älteren Herrn.“ Jahre später sollte der zum Hollywoodstar aufgestiegene Douglas von dieser Erkenntnis selbst profitieren – denn seit 2000 ist der heute 64-Jährige mit der 39-jährigen Catherine Zeta- Jones verheiratet. Mit der Party-Laune der BAMBI-Gäste konnte Schauspieler Helmut Griem, der mit dem BAMBI für Bölls verfilmte „Ansichten eines Clowns“ geehrt wurde, wenig anfangen. Griem lächelte auf das eitle Balltreiben herab und erzählte eine Anekdote von einem Filmfest des Constantin-Verleihs: „Als um Mitternacht die Nachtausgabe einer Münchner Boulevardzeitung mit dem Ballbericht verteilt wurde, lasen plötzlich in einem Raum 1209 Menschen denselben Artikel und suchten voller Eifer ihren Namen im Verzeichnis der Gästeliste. Es war gespenstisch.“ Lustiger als Griems schlechte Laune war der Auftritt des Blödel-Barden Otto Waalkes, der erstmals das goldene Reh verliehen bekam. In zerknautschten Nadelstreifen- Hochwasserhosen mit hellblauen Socken und hellblauem T-Shirt tauchte er im Hotel auf – um dann zur BAMBI-Verleihung frisch gekämmt und mit gebügeltem Smoking zu erscheinen. Als Rudi Carrell (erstmals überließ der Burda-Verlag die Verleihung prominenten Laudatoren) Otto das goldene Reh überreichte, grinste dieser: „Eigentlich wäre mir ein Elefant lieber, da ist mehr Gold dran.“

Insgesamt 650 geladene Gäste feierten im Januar 1976 die BAMBI-Preisträger. Unter ihnen erstmals auch eine stattliche Anzahl von prominenten Politikern (von Strauß über Bayerns Ministerpräsident Alfons Goppel bis hin zu Bundesminister Josef Ertl). Zu den Ehrengästen gehörte auch der Chef des bayerischen Journalisten- Verbandes, der den BAMBI-Abend als „politische Nachrichtenbörse mit Tanz“ bilanzierte. Der Name des Journalisten-Chefs: Franz Schönhuber – genau der Schönhuber, der fünf Jahre später in der Autobiographie „Ich war dabei“ die Nazi-Diktatur verharmloste und dann Karriere als Gründer und Chef der rechtsextremen Republikaner machte.

Text: Rüdiger Klausmann

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