Vor dem G7-Gipfel Macrons Kampf gegen US-"Vormacht"
Stand: 08.06.2018 08:59 Uhr
Vor dem G7-Treffen hat Frankreichs Präsident Macron dazu aufgerufen, sich geschlossen der amerikanischen "Vormachtpolitik" zu widersetzen. US-Präsident Trump ist isoliert und wird vorzeitig abreisen.
Von Kai Küstner, ARD-Studio Brüssel, zzt. Québec
Das kanadische Bergstädtchen La Malbaie ist ein idyllisches Fleckchen Erde, beliebt bei Sport-Touristen, die hier fischen, wandern oder Kajak fahren. Doch nun droht der Ort Austragungsort einer für die Region ungewohnten sportlichen Disziplin zu werden: eines Ringkampfs.
Zur Sache soll es ausgerechnet zwischen Staaten gehen, die sich bislang als Partner betrachteten. Doch US-Präsident Trump hat - zuletzt mit seiner Entscheidung, Zölle auf europäischen und kanadischen Stahl zu verhängen - einen Streit vom Zaun gebrochen, den es so zwischen den Vereinigten Staaten und sämtlichen anderen G7-Staaten noch nie gegeben hat.
"Dem US-Präsidenten scheint es egal zu sein, wenn er isoliert ist. Aber uns macht es auch nichts aus, wenn wir zu sechst sind. Denn diese sechs Staaten stehen für Werte, für einen Markt mit dem Gewicht der Geschichte hinter sich, der nun eine wahre internationale Kraft ist."
Trump will für US-Interessen kämpfen
So die scharfen Worte des französischen Staatspräsidenten. Die er anschließend extra noch einmal auf Englisch per Twitter-Botschaft verbreitete. "Kein Anführer ist von Ewigkeit", fügte Macron - ebenfalls an die Adresse Trumps gerichtet - noch an. Der Franzose traf sich vor dem G7-Gipfel mit dem kanadischen Premier Justin Trudeau. Letzterer ist in seiner Haltung nicht minder eindeutig. Das Trump-Argument, Europa und Kanada würden mit ihren Exporten die nationale Sicherheit der USA gefährden, bezeichnet er als "lachhaft".
"Mit seinen nicht hinnehmbaren Aktionen tut er seiner eigenen Bevölkerung weh, amerikanische Jobs sind dadurch gefährdet", so Trudeau.
Dass der US-Präsident nicht gewillt ist, die heftige Kritik einfach so hinzunehmen, ist keine Überraschung: "Bitte sagt Premier Trudeau und Präsident Macron, dass sie die USA mit massiven Zöllen und nicht-monetären Hürden belegen", wehrte er sich zunächst per Twitter-Botschaft. Um dann verkünden zu lassen, dass er bereits vor allen anderen und vor Ende des Gipfels wieder abreisen werde. Kommt am Samstag das Thema Klima auf den Tisch, wird Trump also gar nicht mehr dabei sein.
Hoffnungen, dass sich Trump beim G7-Gipfel zu Zugeständnissen bewegen lassen würde, macht sich von EU-Seite niemand. Bei keinem einzigen der Streit-Themen - Handel, Iran-Atomabkommen und Klima - nähert man sich an. Daher ist äußerst fraglich, ob es überhaupt eine gemeinsame Abschluss-Erklärung geben wird.
Nachkriegsordnung steht auf dem Spiel
Innerhalb der G7 zeichnet sich nun eine so nie für möglich gehaltene Spaltung nach dem Muster "Einer gegen Sechs" ab.
Besorgt darüber zeigt sich auch Macron: "Wenn die USA auf eine Form von Isolationismus zusteuern, auf eine brutale Vormachtstellung, dann entfernen sie sich von ihrer eigenen Geschichte, ihren eigenen Werten. Wenn sie sich aus den internationalen Organisationen zurückziehen, wäre das schlecht für die USA. Das weiß Präsident Trump."
Auf einmal scheint nichts Geringeres als die Nachkriegsordnung auf dem Spiel zu stehen. Eine Welt, so drückt es ein hochrangiger EU-Offizieller aus, die paradoxerweise von den USA aufgebaut worden sei. Dass dies alles Folgen auch für Europa und die Bundesrepublik haben wird, steht außer Frage.
Schlechte Stimmung vor dem Gipfel
tagesschau 12:00 Uhr, 08.06.2018, Jens Eberl, WDR
Keine Alternative für die Europäer
Kanzlerin Merkel forderte vor dem G7-Gipfel die Europäer bei einer Rede in München zur Geschlossenheit auf: "Wenn Europa Akteur sein will, dann muss es sich halt auch wie ein globaler Akteur verhalten. Das erfordert von jedem einzelnen Anstrengung, Mut, Entschlossenheit, es kostet auch Geld", so Merkel.
Bislang hat es die EU in der Tat vermocht, bei den Themen Iran-Abkommen und US-Zölle geeint aufzutreten. Doch sollten die USA in wichtigen Fragen als Partner langfristig ausfallen, wird es auch für Europa brenzlig. Denn wirklichen Ersatz für Amerika findet die EU woanders auf der Welt nicht: Mit China und Russland etwa teilt man eben nicht dieselben Grundwerte. Daher werden die Europäer auch alles dafür tun, das G7-Format irgendwie durch diese krisenhaften Zeiten hindurchzuretten.
Trump gegen den Rest der Welt
Kai Küstner, NDR Brüssel, zzt. Quebec
08.06.2018 07:18 Uhr
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