Die rechtspopulistische FPÖ will der gesamten Regierung von Bundeskanzler Sebastian Kurz das Misstrauen aussprechen und damit einem entsprechenden Antrag der SPÖ zur erforderlichen Mehrheit verhelfen. Wie der FPÖ-Abgeordnete Walter Rauch nach einer Sitzung der Partei-Fraktion mitteilte, werde diese einstimmig für den Misstrauensantrag der Sozialdemokraten stimmen. Ähnlich hatte sich zuvor der designierte Parteivositzende der FPÖ, Norbert Hofer, geäußert, die Entscheidung aber jedem einzelnen Abgeordneten überlassen.

Damit dürfte die Kanzlerschaft von Sebastian Kurz bereits nach anderthalb Jahren beendet sein. Der österreichische Regierungschef muss sich an diesem Montag gleich zwei Misstrauensvoten im Parlament stellen. Zunächst hatte die kleine Oppositionspartei Jetzt einen Misstrauensantrag gegen den Kanzler eingereicht. Am Sonntagabend hatte dann die SPÖ angekündigt, einen eigenen Misstrauensantrag gegen die gesamte Regierung zur Abstimmung vorzulegen.

Die Sozialdemokraten begründeten ihr Vorgehen mit dem politischen Vorgehen des Kanzlers. "Kurz hätte uns mit Respekt und auf Augenhöhe begegnen müssen. Er hätte Kontakt zu den Sozialpartnern, Gewerkschaften, der Zivilgesellschaft halten müssen. Das hat er versäumt", sagte SPÖ-Geschäftsführer Thomas Drozda der Bild-Zeitung. Den Vorwurf von Kurz, die SPÖ bilde eine Zweckkoalition mit der FPÖ, ließ Drozda nicht gelten. "Wir haben keine Koalition mit der FPÖ und haben im Gegensatz zu Kurz auch nicht mit ihnen zusammen gearbeitet auf Bundesebene."

Kurz bereits nach anderthalb Jahren entmachtet

Der 32-jährige Parteichef der konservativen ÖVP hatte am Wochenende vor der Europawahl die Koalition mit der FPÖ aufgekündigt. Auslöser dafür war ein Enthüllungsvideo, das zeigt, wie der FPÖ-Politiker Heinz-Christian Strache vor der Parlamentswahl 2017 einer vermeintlichen russischen Oligarchen-Nichte im Gegenzug für Wahlhilfe Staatsaufträge in Aussicht stellt.

Nach Bekanntwerden des sogenannten Ibiza-Videos trat Strache von seinen Ämtern als Vizekanzler und FPÖ-Chef zurück, die Koalition zwischen FPÖ und ÖVP zerbrach. Kurz führt nun eine Minderheitsregierung an, die FPÖ-Minister wurden durch parteilose Experten ersetzt. Für September sind vorgezogene Neuwahlen geplant.

Inzwischen hat die österreichische Staatsanwaltschaft Ermittlungen im Zusammenhang mit der Video-Affäre aufgenommen. Inhaltliche Details könne man aus ermittlungstaktischen Gründen aber nicht nennen, teilte die Behörde mit.