„Was ist ein Name?“ – Suppé oder Suppè?

Zur Schreibweise des Familiennamens Suppè

Die weit über ein Jahrhundert übliche französische Schreibweise des Familiennamens Suppè rührt von Suppès angeblich belgischer bzw. österreichisch-niederländischer Abstammung her, die ich 2019 zweifelsfrei widerlegen konnte. Der neue erstmals auf genealogischen Akten und Fakten fußende Forschungsstand bedingt die Rückbesinnung auf die amtlich verbürgte italienische Schreibweise des Familiennamens mit Accent Grave, die Suppè und seine Vorfahren verwendet haben, die aber von seiner Mit- und Nachwelt völlig willkürlich ignoriert wurde.

„Was ist ein Name?“ – „Schall und Rauch“?

Das Plakat der von Anton Ehrenberger und Andreas Weigel kuratierten Sonder-Ausstellung des Garser Zeitbrücke-Museums zu Franz von Suppès 200. Geburtstag (2019)
Das Plakat der von Anton Ehrenberger und Andreas Weigel kuratierten Sonder-Ausstellung des Garser Zeitbrücke-Museums zu Franz von Suppès 200. Geburtstag (2019)

Suppé oder Suppè? Welches ist die richtige Schreibweise? Diese Frage muss wohl gleich zu Beginn geklärt werden“, schreibt der angehende Musikwissenschaftler Julius Kromer 1941 in seiner Wiener Suppè-Dissertation bevor er alle ihm bekannten pro- und contra-Argumente erörtert: Das „Taufbuch wirkt auch nicht klärend, da hier der Akzent überhaupt fehlt. Für die Schreibweise Suppé spricht der Umstand, dass die Familie aus Belgien stammt und daher der französische accent aigu die grössere Wahrscheinlichkeit für sich hat. Da aber auch das nicht bewiesen werden kann, so muss man diesen möglichen Einwand als Fiktion bezeichnen und zurückweisen. Dagegen ist nachweisbar, dass bereits die Grosseltern des Komponisten italienisiert waren. Das heisst, der Grossvater war Belgier, die Grossmutter bereits Italienerin. Diese italienische Herkunft betonte denn auch Suppè immer mit Stolz, indem er dem väterlichen Namen auch noch den grossmütterlichen [h]inzufügte: Suppè–Demelli. Da nun die italienische Sprache nur einen Akzent, nämlich den accento grave (von links oben nach rechts unten) kennt, so ist mit grösserer Berechtigung anzunehmen, dass sich bereits die Grosseltern italienisc[h] geschrieben haben. Also schon aus rein sprachlichen Gründen müsste man die Schreibart Suppé ablehnen. / Soweit hier direkte Quellen vorliegen, ergibt sich aber überhaupt kein Zweifel. Wir können als Kronzeugen den Komponisten selbst anführen. In seinen Briefen und Notizbüchern, auf selbstgeschriebenen Notenblättern und Textbüchern steht überall nur ein Name und eine Unterschrift: Suppè. Das ist der eindeutige erklärte Wille des Komponisten, den allein wir zu beachten haben und den wir dokumentarisch hundertfach belegen konnten. […] Auch möchten wir die letzten Zweifel hinsichtlich der Aussprache des Namens beseitigen. Suppè und seine Familie haben sich mehr als einmal zu ihrer italienischen Wahlheimat bekannt. Sie wollen Italiener sein. Der Name darf daher nicht französisch (Süppé)[,] sondern nur italienisch (Suppè) ausgesprochen werden.“ (1)

Kromers auf akademischen Boden gehaltenes Plädoyer verhallte zwar weitgehend ungehört, wirkte aber als Mahnung fort, die doch immer wieder erwähnt und in Erinnerung gerufen wurde, was rund um Suppès 200. Geburtstag (im April 2019) und 125. Todestag (im Mai 2020) dazu führte, dass Suppès Schreibweise des Familiennamens von der aktuellen wissenschaftlichen Fachliteratur endlich als die amtlich, biografisch und genealogisch belegte übernommen wurde.

Franz von Suppès Schreibweise seines Familiennamens war keine Schrulle des Künstlers, sondern die Art, wie bereits sein Vater Peter (1796-1835), der 1835 Kreisamtssekretär in Zara (Dalmatien) war, den Familiennamen geschrieben hat. Als Kreisamtssekretär hat er beispielsweise die folgende im Amtsblatt von Zara veröffentlichte Verlautbarung offiziell mit „Suppè“ unterzeichnet. Die Verlautbarung belegt zugleich, dass nicht Franz von Suppès Vater Peter „Kreishauptmann“ („Capitano Circolare“) von Zara war, sondern Giovanni Canzio Naverschnigg („Avviso“ aus „Gazzetta di Zara“ 20. Jänner 1835, S. 5).
Franz von Suppès Schreibweise seines Familiennamens war keine Schrulle des Künstlers, sondern die Art, wie bereits sein Vater Peter (1796-1835), der 1835 Kreisamtssekretär in Zara (Dalmatien) war, den Familiennamen geschrieben hat. Als Kreisamtssekretär hat er beispielsweise die folgende im Amtsblatt von Zara veröffentlichte Verlautbarung offiziell mit „Suppè“ unterzeichnet. Die Verlautbarung belegt zugleich, dass nicht Franz von Suppès Vater Peter „Kreishauptmann“ („Capitano Circolare“) von Zara war, sondern Giovanni Canzio Naverschnigg („Avviso“ aus „Gazzetta di Zara“ 20. Jänner 1835, S. 5).

Der Weg dorthin führte über mehrere Jahrzehnte auseinanderliegende Stufen. Robert Franz Müller (1926), Vladimir Haklik (1996ff.) und ich (2017ff.) konnten dank zahlreicher neu erschlossener und bislang grob vernachlässigter biografischer Quellen Suppès angeblich belgische bzw. österreichisch-niederländische Abstammung, der die französische Schreibweise „Suppé“ geschuldet war, verbindlich widerlegen. Diese genealogische Korrektur führte zur Rückbesinnung auf die korrekte italienische Schreibweise des Familiennamens, die nachweislich keine Laune des Komponisten, sondern die Art und Weise ist, wie bereits Suppès Vater den Namen geschrieben hat, wenn er als Kreisamts-Sekretär die im Amtsblatt von Zadar veröffentlichten amtlichen Verlautbarungen offiziell unterzeichnet hat.

Darüber hinaus verweist der Suppè-Forscher Vladimir Haklik auf ihm vorliegende Akten, die von Suppès Großvater, einem Beamten des Habsburgerreiches, gleichfalls eigenhändig mit „Suppè“ unterschrieben wurden. (2)

Der Heiratseintrag von Franz von Suppès Ur-Ur-Großeltern Georg und Antonia Suppè (9. Februar 1722)
Der Heiratseintrag von Franz von Suppès Ur-Ur-Großeltern Georg und Antonia Suppè (9. Februar 1722)

Selbst der vom 9. Februar 1722 stammende Heiratseintrag von Franz von Suppès Ur-Ur-Großeltern Georg und Antonia Suppè belegt die italienische Schreibweise des Familiennamens, (3) wodurch diese Schreibweise durch den Heiratseintrag von 1722 und Suppés letzten Meldezettel von 1887 weit über ein Jahrhundert lang amtlich dokumentiert ist.

Die italienische Schreibweise liegt zudem nahe, weil zumindest seit 1700 der adriatische Küstenstreifen zwischen Rijeka und Makarska nachweislich die Heimat der Familie Suppè war. Italienisch war Amtssprache dieser Region und blieb dies auch noch lange nach Suppès 1835 erfolgter Übersiedlung in die Heimatstadt seiner Mutter, Wien.

Die über ein Jahrhundert lang sträflich vernachlässigte Klärung der biografisch essentiellen Frage, ob Suppè deutsche, italienische, kroatische und/oder belgische bzw. österreichisch-niederländische Vorfahren hat, bildet daher ein ausschlaggebendes Kriterium, ob der Name des Komponisten mit Accent aigu oder Accent grave zu schreiben ist.

Suppès Schwieger-Enkel und erster Biograf Otto Keller nahm die Schreibweise „Suppé“ 1905 als Beweis für Suppès belgische bzw. österreichisch-niederländische Abstammung: „Die Familie von Suppé stammt aus Belgien, worauf schon der Name hinweist. Ein Mitglied derselben wendete sich nach Italien, siedelte sich in Cremona an und erwarb auch daselbst die Heimatsberechtigung. Einige Jahrzehnte später machte sich die Familie in Spalato ansässig und dort bekleidete der Großvater des Komponisten das Amt eines Kreishauptmannes.“ (4)

Die angeblich belgische bzw. österreichisch-niederländische Abstammung kann allerdings frühestens auf Suppès Ur-Ur-Ur-Großvater zutreffen, da selbst der um 1700 geborene Ur-Ur-Großvater laut seinem Heiratseintrag bereits in Grobnik bei Rijeka geboren wurde, das damals zum italienischsprachigem Gebiet des Habsburgerreiches gehört hat.

Franz von Suppès Vorfahren, väterlicherseits (aus: Andreas Weigel: Franz von Suppè (1819-1895). Mensch. Mythos. Musiker. Ehrenbürger von Gars. Begleitpublikation zur gleichnamigen Jubiläumsausstellung des Zeitbrücke-Museums Gars. Mit Beiträgen von Andreas Weigel, Anton Ehrenberger, Ingrid Scherney und Christine Steininger (Oktober 2019). ISBN 978-3-9504427-4-8. Preis: 29.- Euro. Vorbestellerpreis: 25.- Euro.)
Franz von Suppès Vorfahren, väterlicherseits (aus: Andreas Weigel: Franz von Suppè (1819-1895). Mensch. Mythos. Musiker. Ehrenbürger von Gars. Begleitpublikation zur gleichnamigen Jubiläumsausstellung des Zeitbrücke-Museums Gars. Mit Beiträgen von Andreas Weigel, Anton Ehrenberger, Ingrid Scherney und Christine Steininger (Oktober 2019). ISBN 978-3-9504427-4-8. Preis: 29.- Euro. Vorbestellerpreis: 25.- Euro.)

Meine auf Robert Franz Müllers Artikel über Suppès Vormundschaftsakten aufbauende Korrektur von Suppès Genealogie hat mit der Widerlegung der belgischen bzw. niederländisch-österreichischen Abstammung von Suppès Großvater zugleich die französische Schreibung des Familiennamens widerlegt und biografische Argumente für die italienische Schreibweise des Familiennamens erbracht.

Zu Suppès Lebzeiten sind in den Zeitungen und Zeitschriften alle möglichen und unmöglichen Schreibvarianten (Soupe, Souppe, Souppee, Suppee etc.), gelegentlich mehrere innerhalb ein und desselben Artikels, zu lesen, die noch dazu mit bunt gemischten Accenten garniert werden.

Ein interessantes frühes Beispiel für den unterschiedlichen Wiener Umgang mit Suppès Namen stammt vom September 1843. Damals verhilft eine italienische Operngesellschaft, die während ihres Gastspiels in Baden „Ronconi’s“, aber bei ihrem Gastspiel in Wien „Romani“ genannt wird, einem Duett von Suppè, der damals in Preßburg und Baden gelebt und gearbeitet hat, erstmals zu K.K. Hofoperntheater-Ehren. Während sein Name auf dem Theaterzettel des K.K. Hofoperntheaters vom 16. September 1843 zwar ohne „von“ bzw. „de“, dafür aber mit korrektem Accent grave wiedergegeben wird („Il Duetto fra Ersilia ed Enrico è di composizione del Maestro Francesco Suppè”), entstellen Wiener Zeitungen den Namen des Komponisten, der damals noch vor dem Start seiner Wiener Karriere steht, zu Suppé: „Für die Aufführung im Badenertheater hatte man der Oper ein mehr im Genre der Opera seria gehaltenes, nicht neues zwar, aber recht hübsches Duett für Sopran und Tenor von der Composition des dort engagirten jungen Capellmeisters H[errn] Franz Suppé hinzugefügt und nun auch hier beibehalten, welches sehr ansprach.“ (5)

(Franz von Suppès Taufeintrag vom 19. April 1819. Seine Geburt erfolgte bereits am Vortag, dem 18. April 1819)
(Franz von Suppès Taufeintrag vom 19. April 1819. Seine Geburt erfolgte bereits am Vortag, dem 18. April 1819)

Ähnlich ignoriert der Großteil von Suppès Mit- und Nachwelt die verbürgte Schreibweise seines Familiennamens. Die beharrliche Fehlschreibung beginnt mit Suppès Taufeintrag, der die italienische Schreibweise außer Acht lässt und zudem den Mädchennamen der Mutter entstellt, weshalb über ein Jahrhundert lang in sämtlichen Biografien fälschlich „Landovsky“ statt „Jandovsky“ überliefert wird, wodurch die Herkunft von Suppès mütterlichen Vorfahren aus dem mährischen Brünn und bayerischen München bis zu Suppès 200. Geburtstag im Jahr 2019 verborgen bleibt.

Dabei hat Robert Franz Müller bereits 1926 in seinem Artikel über Suppès Vormundschaftsakt ihren richtigen Mädchennamen genannt. Der aufgrund des Justizpalastbrandes (1927) nur noch lückenhaft erhaltene, angesengte Vormundschaftsakt aus der zweiten Hälfte der 1830er-Jahre gibt den Komponistennamen abwechselnd als „de Suppe“ und „von Suppe“ ohne jeglichen Akzent wieder. Ähnlich uneinheitlich sind die Schreibvarianten in den von Suppès Wiener Ausbildungsstätten ausgestellten Zeugnissen: So steht 1836 im Hauptbuch des Polytechnikums: „Suppe“, 1838 im „Katalog vom Schuljahre 1837/38 über die Schüler der ersten Humanitäts=Classe am k.k. Schottischen Gymnasium“: „Suppè“ und 1840 in Ignaz von Seyfrieds Abschlusszeugnis: „Suppé“.

Wie eingangs erwähnt ist es Julius Kromer, der 1941 in seiner Wiener Dissertation vehement die verbürgte Schreibweise des Familiennamens als Zeichen des Respekts gegenüber dem Komponisten einfordert: „Wenn sich die falsche Schreibweise eingebürgert hatte und wenn daran solange festgehalten wurde, so ist das ein gut Teil Schuld der Verleger, die kritiklos und willkürlich stets „Suppé“ drucken liessen. Einige Ausnahmen bestätigen die Regel. […] Unbegreiflich ist es, dass Keller die falsche Schreibart übernimmt und nicht richtig stellt.“ (6)

36 Jahre nach Kromer weist der Musikdramaturg Otto Schneidereit, der in seiner 1977 veröffentlichten Suppè-Biografie die Arbeiten seiner Vorgänger Keller und Kromer mehr oder weniger frei zusammenfasst, zwar auf die richtige Schreibweise des Familiennamens hin, opfert diese aber wider besseres Wissen der Konvention: „Der Komponist schrieb seinen Namen stets Suppè, also in italienischer Schreibweise, die obere Spitze des Akzents nach links geneigt. Auch seine ersten gedruckten Noten, Einzelnummern und Partituren, zeigen es so. Kurioserweise nahmen auf die Dauer weder Verlage und Theater noch das Publikum den Wunsch des Komponisten, seinen Namen so und nicht anders geschrieben zu sehen, zur Kenntnis. Man nannte ihn Franz von Suppé und schrieb so seinen Namen. Ihm blieb letztlich nichts anderes übrig, als es zu dulden. / Jenes Taufprotokoll nun zeigt über dem „e“ überhaupt keinen Akzent! Es blieb ungeklärt, ob der Schreiber ihn aus Flüchtigkeit fortließ, ob sich der Name ursprünglich gar ohne Akzent schrieb und wenn doch, ob mit einem französischen oder italienischen. Da sich die Schreibweise Suppé eingebürgert hat, soll sie auch hier benutzt werden.“ (7)

Die nächste Suppè-Biografie erscheint 2005 und stammt von der damaligen Leiterin der Garser Suppè-Gedenkstätte Ingrid Scherney. Sie erzählt hundert Jahre nach Kellers Suppè-Biografie im Großen und Ganzen die drei vorangegangenen Biografien abermals frei nach, verwendet dabei allerdings Kromer und Haklik folgend bewusst die italienische Schreibweise des Familiennamens Suppè.

Obwohl Unstimmigkeiten und Widersprüche in Suppès Biografien deutlich die Notwendigkeit genealogischer Nachforschungen nahelegen, werden die entsprechenden biografischen Recherchen auch vom Musikdramaturgen Hans-Dieter Roser unterlassen, der seine 2007 veröffentlichte Suppè-Monografie programmatisch mit dem Untertitel „Werk und Leben“ versehen hat. Suppès Biografie hat für Roser erklärtermaßen eine dem Werk nachgereihte Priorität, weshalb er sich, wie seine Vorgänger damit begnügt, die zuvor veröffentlichten Biografien gekonnt zusammenzufassen: „Die österreichisch–niederländische Abstammung will Suppés erster Biograph, Otto Keller, Ehemann einer Enkelin des Komponisten, aus dem Namen erkennen, ohne näher Gründe dafür anzugeben. Vielleicht verführte ihn dazu der Eintrag im Geburtsregister von Spalato, das er abdruckte und das den Namen des Komponisten kundtut mit Francesco-Ezechiele-Ermenegildo de Suppe. Dieses akzentlose Suppe scheint also Keller zu seiner Interpretation angeregt zu haben. Dabei könnte es sich auch nur um einen unterlaufenen Schreibfehler gehandelt haben.“ (8)

Die italienische Schreibweise des Komponistennamens hält Roser für eine bloße Künstlerschrulle: „Franz von Suppé hatte offensichtlich etwas dagegen, im deutschen Sprachraum zierlos als Suppe bezeichnet zu werden, selbst mit der verlockenden Aussicht, dann zu einem „Süppe“ zu avancieren, denn er legte Zeit seines Lebens größten Wert auf die durch die Großmutter dingfest gemachte italienische Abstammung, weshalb er auch oft zu seinem Suppé den Zweitnamen Demelli zufügte und überhaupt in der ersten Zeit bemüht war, den accent aigu auf dem e zu vermeiden, ja sogar zur italianisieren: è. Aber das Theater, die Presse, die Verleger etc. versagten ihm diese Caprice, was er schließlich akzeptierte. Er blieb Franz von Suppé, wogegen es ihm aber ein Anliegen war, die Aussprache akustisch bei „u“ zu belassen und nicht nach „ü“ zu verfälschen.“ (9)

Haklik, der im Unterschied zu Keller, Kromer, Schneidereit, Scherney und Roser genealogisch zu Suppè geforscht hat, hat Rosers Ausführungen zu Recht dahingehend korrigiert, dass Suppè seinen Familiennamen nicht mit italienischem Accent grave schrieb, um als Italiener zu gelten, sondern weil bereits seine Vorfahren ihren Familiennamen so geschrieben haben. (10)

Suppès Betonung seiner italienischen Herkunft ist kein Marketing-Gag, der helfen sollte, dass auf Suppè etwas von jenem Renommee abfärbe, das die italienische Musik in Wien genoss, sondern genealogisch berechtigt, weil Suppès um 1700 in Rijeka geborene Ur-Ur-Großmutter Antonia Buratelli sowie seine 1767 in Senj geborene Großmutter Magdalena Demelli Italienerinnen bzw. wegen ihrer damals zu Habsburgs Vielvölkerstaat gehörenden Geburtsorte möglicherweise völkerrechtlich Kroatinnen sind, die allerdings italienisch gedacht, gesprochen und geschrieben haben. Aufgrund der Zugehörigkeit zu Habsburgs Vielvölkerstaat bleibt es schwierig zu klären, ob Suppès Vorfahren als vor Ort geborene Einwohner des Gebietes Rijeka gemäß ihrer Muttersprache als Italienerinnen oder wegen ihres Vaterlandes als Kroatinnen einzustufen sind.

Wie auch immer: Suppès italienische Prägung ist nachweislich durch genealogische Fakten gedeckt. Erfunden sind lediglich die Beteuerungen, dass Suppès 1796 in Senj geborener Vater bzw. seine 1787 in Wien geborene Mutter bzw. sein 1762 in Karlobag geborener Großvater aus der italienischen Geigenbauerstadt Cremona stammten, von wo aus sie ins Königreich Dalmatien übersiedelt wären, was von den Suppè-Biografen weit über ein Jahrhundert lang ungeprüft nachgebetet wurde.

Die beginnende Rückbesinnung auf die richtige Namensschreibung erlitt durch Rosers 2007 veröffentlichtes Buch einen massiven Rückschlag. Denn Rosers sprachlich ansprechend formulierte, inhaltlich aber über weite Strecken fehlerhafte Monografie erlangte für ein Jahrzehnt hohe Deutungsautorität, obwohl es hinsichtlich Suppès Biografie nur jene haltlosen Legenden fort- und festschreibt, die zu Suppès 200. Geburtstag dank zahlreicher neu erschlossener, bislang sträflich vernachlässigter Quellen als weitgehend frei erfunden widerlegt werden konnten.

Der Bildhauer Richard Tautenhayn mit seinem Franz-von-Suppè-Grabmal, das (dem Zeitgeist folgend) den Familiennamen des Komponisten gewohnt falsch schreibt.
Der Bildhauer Richard Tautenhayn mit seinem Franz-von-Suppè-Grabmal, das (dem Zeitgeist folgend) den Familiennamen des Komponisten gewohnt falsch schreibt.

Suppès Witwe hat (anders als ihr Gatte) der richtigen Schreibweise ihres angeheirateten Familiennamens weniger Wert beigemessen, wie beispielsweise der Stempel des von ihr zwischen 1896 und 1908 betriebenen Garser Suppè-Museums („Suppé-Museum, Gars“), die Inschrift auf dem Wiener Ehrengrabmal (1897) und die Gedenktafel an Suppès Wiener Sterbehaus (1924) belegen, die überdies ein falsches Geburtsjahr („1820“) und einen fehlerhaften Werktitel („Flotte Burschen“) nennt.

Sofie von Suppè kennt die beharrlichen Fehlschreibungen aus eigener Anschauung, da auch ihr Vorname Sofie entgegen ihrer eigenen Schreibweise meist als „Sophie“ wiedergegeben wird. Sogar an dem 1880 errichteten Garser Landhaus (Kremser Straße 40) hat der lokale Maurermeister Leopold Wieser statt der gewünschten Aufschrift „Sofienheim“ ein fehlerhaftes „Sophienheim“ angebracht. Nicht genug damit haben Journalisten unter angeblicher Berufung auf Suppès Freunde aus dem Garser „Sofienheim“ die im doppelten Sinn liederlich klingende „Villa „Boccaccio“ gemacht und damit in einem weiteren Fall den richtigen Namen missachtet: „zu Ehren der treuen Gattin hat er [Suppè] es „Villa Sophia“ [recte: „Sofienheim“] getauft. Die Leute vom Bau [meint: Suppès Freunde und Kollegen] aber, die mit der Zeit hinauskamen, um den jovialen Meister auf seinem Landsitz zu besuchen, gaben dem Bau bald einen anderen Namen […] „Villa Boccaccio“. (11)

Auch Franz von Suppès letzter Meldezettel belegt, dass Suppè selbst seinen Namen stets Suppè geschrieben hat (Quelle: Wiener Stadt- und Landesarchiv)
Auch Franz von Suppès letzter Meldezettel belegt, dass Suppè selbst seinen Namen stets Suppè geschrieben hat (Quelle: Wiener Stadt- und Landesarchiv)

Der ignoranten Fehlschreibung des Familiennamens durch Ämter, Behörden, Bekannte, Biografen, Freunde, Journalisten, Kritiker und Verleger steht als ein spätes amtliches Lebenszeugnis Suppès letzter Meldezettel vom November 1887 entgegen, der bezeugt, dass Suppè seinen Namen weiterhin Suppè geschrieben hat.

Demgemäß wird er sich über die persönlichen Widmungen jener Freunde und Kollegen besonders gefreut haben, die auf die korrekte Schreibweise seines Namens geachtet haben. Beispielsweise hat der Schauspieler Louis Grois seine von Josef Kriehuber geschaffene Porträt-Lithografie mit folgender Widmung versehen: „Mein lieber Suppè es hängen so viele bei dir, häng mich dazu; / So hat die arme Seel a Ruh! / Weihnachten 1866 Dein alter College / Louis Grois“ (12) und die Tänzerin und Ballettmeisterin Katharina „Kathi“ Lanner hat ihre von Adolf Dauthage stammende Porträt-Lithografie mit folgender Widmung verziert: „Dem genialen Künstler Herrn Kapellmeister Franz von Suppè zur freundlichen Erinnerung an Kathi Lanner. 18. Juni [1]861.“ (13)

Fazit: Alle Für und Wider abgewogen steht wissenschaftlich außer Zweifel, dass die weit verbreitete Schreibung Suppé mit Accent aigu ebenso fehlerhaft ist, wie die Schreibung ohne jeglichen Akzent. Die amtlich, biografisch und genealogisch belegte Schreibweise des Familiennamens des Komponisten lautet „Suppè“. Es war Suppès erklärter Wille und Wunsch, seinen Familiennamen so geschrieben zu sehen, wie er und seine Ahnen ihn geschrieben haben, was Kromer in seiner Suppè-Dissertation 1941 zu folgendem Aufruf motiviert hat: „Wir bitten daher alle, die sich für Suppès Leben und für seine Werke interessieren, sich die richtige Schreibart des Namens zu eigen zu machen und so zu verbessern, was durch ein Jahrhundert immer übersehen wurde.“ (14)

Anmerkungen

(1) Julius Kromer: Franz von Suppè. Leben und Werk. Ein Beitrag zur Geschichte der Operette in Wien. (Wien) 1941. Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek. Signatur: 712026-C MUS MAG. S. 10f.

(2) Vladimir Haklik: E-Mails vom 2. Jänner 2019 und 6. Februar 2019 an Andreas Weigel.

(3) Heiratseintrag von Franz von Suppès Ur-Ur-Großeltern Georg und Antonia Suppè. 9. Februar 1722.

(4) Otto Keller: Franz von Suppé. Der Schöpfer der Deutschen Operette. (Leipzig) 1905. S. 14.

(5) „K.K. Hoftheater nächst dem Kärnthnerthore.“ In: „Wiener allgemeine Theater Zeitung“. 18. September 1843, S. 979.

(6) Julius Kromer: Franz von Suppè (wie Anm 1). S. 11.

(7) Otto Schneidereit: Franz von Suppé. Ein Wiener aus Dalmatien. (Berlin) 1977, S. 10.

(8) Hans-Dieter Roser: Franz von Suppé. Werk und Leben. (Wien) 2007. S. 13f.

(9) Hans-Dieter Roser: Franz von Suppé. (wie Anm. 8). S. 14.

(10) Vladimir Haklik: E-Mail vom 21. Oktober 2018 an Andreas Weigel.

(11) Bernhard Buchbinder: „Aus der „Villa Boccaccio“ (Erinnerung an Franz v. Suppé). Aus: „Neues Wiener Journal“. 3. Juni 1900, S. 10f.

(12) Siehe die Widmung auf der Abbildung Nr. 26 in: Andreas Weigel: Franz von Suppè. Grundriss einer grundlegend korrigierten Lebensgeschichte. In: Andreas Weigel: Franz von Suppè (1819-1895). Mensch. Mythos. Musiker. Ehrenbürger von Gars. Begleitpublikation zur gleichnamigen Jubiläumsausstellung des Zeitbrücke-Museums Gars. Mit Beiträgen von Andreas Weigel, Anton Ehrenberger, Ingrid Scherney und Christine Steininger. (Gars am Kamp) 2019. S. 13-281. S. 111.

(13) Siehe die Widmung auf der unteren Abbildung in: Andreas Weigel: Franz von Suppè. Grundriss (wie Anm. 12). S. 420.

(14) Julius Kromer: Franz von Suppè (wie Anm 1). S. 11.

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