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Foto: Parigger |
Lange als Erneurer der Volksmusik gefeiert, bleibt Hubert von Goisern der
Widerständler unter Österreichs Musikern.
Hubert von Goisern ist in allem, was er tut, raumgreifend. Wenn er die Arme
hebt, ist es, als würde er sein Gegenüber umarmen wollen; wenn er mit
den Händen gestikuliert, scheint auf der Welt nichts mehr zu existieren als
diese Hände; wenn er schaut, fordern seine Augen vom Gegenüber volle
Aufmerksamkeit. Er gehört zu jenen Menschen, die man sofort bemerkt. Selbst
wenn sie einen vollen Raum betreten. Man könnte sagen: Wo er ist, gibt es
nur Hubert von Goisern. Aber das wäre nur die halbe Wahrheit und damit falsch.
Richtig ist: Bis sich der Bad Goiserer so offen gibt, dauert es eine Weile. Von
Haus aus ist er nämlich scheu. Zumindest wenn er auf Journalisten trifft.
Da macht er erst einmal einen misstrauischen Eindruck, wartet ab, horcht genau
auf die Fragen. Fast so, als ob er sagen würde: Reden tu' ich sowieso nur,
wenn mir die Fragen passen.
Alles bleibt anders
Hubert von Goisern hat gerade seine iwasig-Tournee hinter sich und
lebt deshalb in einer eigenen Welt: Auf Tournee bin ich vom Rest des Lebens
abgekoppelt. Da gibt es sonst nichts. Neuigkeiten bekommt man erst wieder mit,
wenn man heimkommt. Das ist wie im Urlaub, wenn man mit dem Auto über die
Landesgrenze rollt und das erste Mal wieder den heimischen Radiosender hört,
erklärt der Musiker. Hubert von Goisern mag solche Zustände. Liebt es,
sich auf Fremdes einzulassen, zu improvisieren. Stillstehen ist ihm ein Gräuel.
Deshalb ist er auch ein Reisender.
Es gibt Künstler, die
sich aus der Politik heraushalten. Das finde ich nicht gut, denn als Künstler
hat man die Chance sich so einzumischen, dass einem zugehört wird
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Erst kürzlich war er wieder in Ägypten, um den arabischen Superstar
Mohamed Mounir ein Seelenbruder, wie er sagt zu treffen. Mit ihm
plant er gemeinsame Konzerte für 2003. Vorher ab Mitte Jänner
wird er sich aber noch daheim in die Berge zurückziehen, um an den
Aufnahmen für Trad 2 zu arbeiten. Jodler sollen's werden. Ausschließlich.
Das wollte ich schon auf der ersten ,Trad'-CD unterbringen, aber da wär's
dann zuviel geworden, erklärt er. Damit wird er nach der jüngsten
CD iwasig, einem groovigen extrovertierten Werk, wieder einen Schritt
in Richtung Verinnerlichung setzen. Dass Hubert von Goisern samt seiner Musik
unberechenbar ist und gerne Neues auslotet, ist sein Publikum mittlerweile gewöhnt.
Es weiß auch, dass es in seinen Konzerten kein Hiatamadl mehr
zu hören gibt. Das ist vorbei: Das Aus mit den Alpinkatzen war bewusst
ein ziemlicher Bruch, vor allem die CD ,Fön' war nach der langen Pause etwas
ganz anderes. Erst mit der neuen CD ,iwasig' habe ich wieder ein paar Sachen von
damals reingeholt. Ich wollte es bei den Konzerten wieder einmal so richtig tuschen
und krachen lassen und dass die Leute voll mittanzen, sagt der 50-Jährige.
Hubert von Goisern ist ein Widerständler. Immer schon gewesen. Ob er mit
der Ziehharmonika die heimische Volkstümelei aufmischt, Ö3 wegen seiner
Musik oder Politiker wegen ihrer Flüchtlingspolitik angeht, macht keinen
Unterschied. Er kann gar nicht anders: Ich komm' gar nicht darum herum meinen
Mund aufzumachen. Ich glaube, dass es fast keinen Künstler gibt, der nicht
bemerkt, was um ihn herum passiert. Es äußern sich nur nicht alle dazu.
Als Künstler hat man aber die Chance, sich einzumischen. Ich tu' das eben.
Politik kann auch nicht nur den Politikern überlassen werden. Für mich
ist das wie Essen und Trinken ich will das nicht verweigern, sagt
der Musiker. Deshalb trifft er sich auf Reisen auch immer wieder mit Leuten, die
in der Politik drin sind, wie er sagt. Etwa Österreichs Botschafter.
Tibet und Afrika
Hubert von Goisern mag Afrika und Tibet. Interessiert sich für den Buddhismus
genauso wie für arabische Kulturen. Steht aber genauso gerne auf heimischem
Boden, jenem Land namens Österreichs, das es ihm oft so schwer macht.
Zwei-Welten-Mensch
Was beide Welten als Ganzes angeht, drängen ihn mehr Fragen als er Antworten
hat: Wenn ich von Reisen zurückkomme, habe ich immer wieder einen gscheid'n
Kulturschock, der sich in totaler Verzweiflung äußert. Da erscheint
mir erst einmal alles uferlos, sagt er. Den Mut zum Weitermachen
eine der schwierigsten Sachen, wie er sagt verliert Hubert von Goisern
aber nie. Dass beides zusammengeht, hat er mit seiner alpenländischen Weltmusik
längst bewiesen.
Hubert von Goisern wurde am 17. November 1952 als Hubert Achleitner
geboren. Mit 22 Jahren ging er nach Südafrika und arbeitete dort als Chemielaborant.
Später lebte er mit seiner ersten Frau, einer Kanadierin, in Toronto, wo
er Musik studierte (dann in Wien). In Österreich gelang ihm mit den Alpinkatzen
(Koa Hiatamadl) der Durchbruch. 1994: Ende der Alpinkatzen. 2000:
Comeback mit Fön. Es folgte u.a. Trad. HvG gewann
den Amadeus Music Award for Best National Artist Rock/Pop. iwasig
heißt sein neues Album. Hubert von Goisern ist heute verheiratet und hat
zwei Kinder. Er lebt in Salzburg.
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